Rechtsanwalt, Fachanwalt für Sozialrecht, Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose, Yorckstr. 22, 93049 Regensburg

Abfindung

Im Arbeitsrecht soll mit einer Abfindung in der Regel der Verlust des Arbeitsplatzes kompensiert werden. Man spricht dann von einer echten oder eigentlichen Abfindung.

Eine Abfindungszahlung wird normalerweise in Aufhebungsverträgen oder Abwicklungsverträgen vereinbart. Auch in arbeitsgerichtlichen Vergleichen im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens wird häufig ein Vergleich geschlossen, der dahin geht, dass das Arbeitsverhältnis zwar beendet wird, der Mitarbeiter aber im Gegenzug als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung erhält.

Darüberhinaus kann eine Abfindung aber auch mehr bezwecken als den Verlust des Arbeitsplatzes zu kompensieren. Beispielsweise kann mit einer Abfindung auch Arbeitsentgelt abgegolten werden, etwa Überstunden, rückständiger Lohn oder Urlaub. Man spricht dann von einer unechten oder uneigentlichen Abfindung. Entgegen der landläufigen Meinung existiert jedoch kein genereller Anspruch auf eine Abfindung im Falle einer Kündigung. Der Anspruch auf Zahlung einer Abfindung kommt nur in bestimmten Fallkonstellationen in Betracht.

Rechtsgrundlagen für eine Abfindung

Ein Abfindungsanspruch kann sich beispielsweise aus § 1a Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ergeben, wenn dem Arbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt wird und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in der Kündigung darauf hinweist, dass er eine Abfindung erhält, wenn er keine Kündigungsschutzklage erhebt (angebotener Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung). Die Höhe der Abfindung ist in diesem Fall gesetzlich geregelt und beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses (§ 1a Abs. 2 S. 1 KSchG).

Ein Anspruch auf eine Abfindung kann sich ferner aus § 9 I 1 KSchG ergeben, wenn der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess zwar obsiegt, ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aber dennoch nicht zugemutet werden kann und der Arbeitnehmer beantragt, das Arbeitsverhältnis - trotz des obsiegenden Urteils - aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung zu verurteilen (Auflösungsantrag). Die Abfindungshöhe beträgt in diesen Fällen bis zu zwölf Monatsgehälter (§ 10 I KSchG) oder sogar bis zu 18 Monatsgehälter, wenn der Arbeitgeber älter als 55 Jahre ist und das Arbeitsverhältnis mindestens 20 Jahre bestanden hatte.

Auch aus einem Sozialplan, einer Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge einer geplanten Betriebsänderung (v.a. Bertriebsstilllegung) entstehen, kann sich ein Abfindungsanspruch begründen.

Auch in einem Aufhebungsvertrag zwischen Arbeitgeber und -nehmer, mit dem ein Arbeitsverhältnis einvernehmlich und unstreitig beendet wird,  wird oftmals eine Abfindung vereinbart.  Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags birgt für den Arbeitnehmer aber nicht unerhebliche Risiken, besonders im Bereich des Arbeitsförderungsrechts (SGB III) beim Bezug von Arbeitslosengeld (siehe unten).

In der Praxis am häufigsten wird sich ein Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers aber aus dem Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs ergeben, der im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses vor dem Arbeitsgericht geschlossen wird. Erhebt ein gekündigter Arbeitnehmer gegen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor dem Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage, kommt es zunächst zu einer Güteverhandlung (§ 54 ArbGG). Im Rahmen der Güteverhandlung versucht das Gericht mit Kläger und Beklagtem eine gütliche Einigung zu erzielen ohne dass ein Urteil gesprochen werden muss. Kommt es zu einer - oftmals für beide Seiten sinnvollen - Einigung, wird diese Einigung, man spricht von einem gerichtlichen Vergleich, protokolliert. In der Regel geben beide Seiten in dem Vergleich ein wenig nach, z.B. akzeptiert der Arbeitnehmer die Kündigung, während der Arbeitgeber im Gegenzug eine Abfindung leistet. Ein arbeitsgerichtlicher Vergleich im Zuge eines Kündigungsschutzprozesses kann beispielsweise wie folgt formuliert sein:

“1. Die Parteien sind sich einig, dass das zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung des Arbeitgebers vom 10.10.2020 mit Ablauf des 11.11.2021 endet.

2. Der Beklagte bezahlt an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung gem. §§ 9, 10 KSchG in Höhe von € 10.000,-.
3. Urlaubsansprüche des Klägers sind in Natur eingebracht.

4. ...”

Auswirkungen auf das Sozialrecht

Eine Abfindung kann sich in vielerlei Hinsicht auch auf andere Rechtsbereiche auswirken, etwa auf das Sozial- und Steuerrecht. Insbesondere beim Bezug von Arbeitslosengeld (SGB III) können sich aus dem Erhalt einer Abfindung erhebliche - negative - Auswirkungen ergeben:

Hat der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte (§ 158 I 1 SGB III).

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während der Zeit, für die die oder der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat (§ 157 I SGB III).

Auf die Formulierung der Abfindungsvereinbarung ist daher genau zu achten, insbesondere was Kündigungsfristen anbelangt und den Zweck der Abfindung - reine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes oder auch Entgeltzahlung, z.B. Urlaubsabgeltung oder ausstehender Lohn.

Besonders problematisch kann der Fall werden, wenn die Abfindung im Rahmen eines Aufhebungsvertrags vereinbart wird. Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe, § 159 I Nr. 1 SGB III), z.B. durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags.

Arbeitnehmer sollten sich aus diesem Grunde in aller Regel auch von einer hohen Abfindung nicht übereilt zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags bewegen lassen. Vorzugswürdig ist die genaue rechtliche Prüfung und gegebenenfalls Nutzung der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten, um die Vereinbarung möglichst rechtlich und wirtschaftlich vorteilhaft zu gestalten.

Rechtsstreitigkeiten können sich im Zusammenhang mit der Zahlung einer Abfindung aber nicht nur, wie oben geschildert,  mit der Arbeitsagentur beim Bezug von Arbeitslosengeld ergeben, sondern auch mit der Krankenkasse und Pflegekasse. Konkret kann streitig sein, ob und inwieweit eine Abfindung Arbeitsentgelt darstellt und bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen ist. Das Bundessozialgericht vertritt insoweit - jedenfalls in Bezug auf Pflichtversicherte - die Ansicht, dass wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen, soweit sie nicht rückständiges Arbeitsentgelt handelt oder sonst zeitlich dem Arbeitsverhältnis zuzuordnen sind kein bei der Beitragsbemessung zur Pflege- und Krankenversicherung zu berücksichtigendes Arbeitsentgelt darstellt. Lediglich ein etwaiger in der Abfindung enthaltener Entgeltanteil, kann der Beitragsbemessung als sonstige Einnahme zugrunde gelegt werden.

Problematisch ist dieser Aspekt besonders für freiwillig gesetzlich Versicherte (§ 9 SGB V). Die Beitragsberechnung für freiwillig Versicherte unterscheidet sich von der Beitragsberechnung für Pflichtversicherte. Sie richtet sich primär nach den vom GKV-Spitzenverband auf der Grundlage von § 240 SGB V erlassenen “Einheitlichen Grundsätzen zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler)”. Diese bestimmen - abweichend zur sozialgerichtlichen Rechtsprechung für Pflichtversicherte - in § 4 Nr. 1, dass Abfindungen der Beitragspflicht voll unterligen. Ob und inwieweit dies aber tatsächlich rechtmäßig ist, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Gegen die Rechtmäßigkeit der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler bestehen aber in der Rechtsprechung und vor allem in der sozialrechtlichen Literatur erhebliche Bedenken, insbesondere unter verfassungsrechtlichen Aspekten, so dass hier die Beschreitung des Rechtswegs durch Widerspruch und Klage zum Sozialgericht lohnenswert erscheinen kann.

Faustformel für die Berechnung der Höhe der Abfindung

Wird eine Abfindung im Rahmen eines Vergleichs in einem Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht ausgehandelt, gilt für die Höhe der Abfindung die Faustregel:

0,5 Monatsgehalt x Beschäftigungsjahre = Abfindung

Hat ein Arbeitnehmer beispielsweise acht Jahre in einem Betrieb gearbeitet und zuletzt 4.000,00 € verdient und schließt er dann mit seinem Arbeitgeber im Zuge eines Kündigungsschutzprozesses einen Vergleich mit Abfindungsregel, ist bei der Abfindungshöhe dementsprechend zunächst von einer Abfindung in Höhe von 16.000 € auszugehen.

Aufgrund von Umständen des Einzelfalls ist die nach der Faustregel errechnete Abfindungshöhe zumeist nur der Ausgangspunkt für die Bestimmung der endgültigen Höhe der Abfindung. Hat etwa die Kündigung vor dem Arbeitsgericht wahrscheinlich bestand, wird der Arbeitgeber meist nur zur Zahlung einer geringeren Abfindung bereit sein; hat die Kündigung hingegen wahrscheinlich keinen rechtlichen Bestand, kann die Abfindung durchaus auch höher liegen. Pauschale Aussagen lassen sich jedoch kaum treffen und auch sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen können die Abfindungssumme wesentlich beeinflussen.

Steuerliche Behandlung der Abfindung

Zu beachten ist ferner, dass Abfindungen seit dem 01.01.2006 nicht mehr steuerfrei sind, sondern als ausserordentliches Einkommen gem. §§ 24, 34 EStG lediglich steuerermäßigt.

 

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