Es gibt Fälle, in denen das Strafrecht instrumentalisiert wird, um anderweitige Ziele zu erreichen. Genau so ein Fall landete kürzlich in unserer Kanzlei: Eine Psychologin, gerichtlich bestellte Gutachterin, sah sich plötzlich mit einer Strafanzeige wegen Verrats von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB) konfrontiert. Der Vorwurf? Sie habe in einem familienpsychologischen Gutachten Informationen aus Gesprächen weitergegeben, die sie im Rahmen ihrer Untersuchung erhalten hatte.
Auf den ersten Blick klang das schwerwiegend. Doch wer sich die Akte genauer ansah, erkannte schnell: Hier ging es wohl weniger um Geheimnisschutz als um eine missliebige Einschätzung im familienrechtlichen Verfahren. Die Anzeigeerstatterin – Mutter eines betroffenen Kindes – war mit dem Gutachten unsererMandantin nicht einverstanden. Anstatt die Einschätzung nur sachlich oder auf fachlicher Ebene anzufechten, wurde der strafrechtliche Holzhammer ausgepackt. Ein klassischer Versuch, eine unliebsame Expertise aus dem Verfahren zu drängen.