Verhaltensbedingte Kündigung
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist, § 1 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), und in dem Betrieb - abhängig vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses - mehr als fünf Arbeitnehmer bzw. mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden. Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung dann, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Gilt das Kündigungsschutzgesetz ist eine Kündigung also nur dann möglich, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt.
Ist eine Kündigung in dem Verhalten des Arbeitnehmers begründet, spricht man von einer verhaltensbedingten Kündigung. Die verhaltensbedingte Kündigung ist eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung, wenn sie unter Einhaltung der für das Arbeitsverhältnis geltenden Kündigungsfrist erfolgt bzw. eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung, wenn sie unter Nichteinhaltung der für das Arbeitsverhältnis geltenden Kündigungsfrist erfolgt, also mit sofortiger Wirkung.
Voraussetzung einer verhaltensbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch den Arbeitnehmer, die für diesen steuerbar ist. Arbeitsvertragspflichtverletzungen sind beispielsweise das unentschuldigte Fehlen, das ungenaue Arbeiten, die Ausübung einer nicht erlaubten Nebentätigkeit oder die Störung der arbeitsrechtlichen Pflichten infolge (nicht krankheitsbedingten) Alkoholkonsums. Steuerbar ist das Verhalten, wenn der Arbeitnehmer schuldfähig ist, also - stark vereinfacht ausgedrückt - weiß, was er tut. Ist das Verhalten nicht steuerbar, etwa wegen einer Erkrankung, kommt eine verhaltensbedingte Kündigung nicht in Betracht, sondern eine personenbedingte Kündigung.
Die Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnisses muss für den Arbeitgeber die Sorge begründen, dass es auch in der Zukunft wieder zu Störungen im Arbeitsverhältnis kommen wird, also ein Wiederholungsgefahr besteht oder sich das Fehlverhalten zumindest in irgendeiner Art und Weise beeinträchtigend auswirken wird. Diese negative Zukunftsprognose wird in der Praxis zumeist durch eine Abmahnung dokumentiert.
Eine Kündigung ist rechtlich immer ultima ratio, das letzte Mittel. Vom Recht zur Kündigung darf der Arbeitgeber in der Regel erst dann Gebrauch machen, wenn keine milderen Mittel mehr zur Verfügung stehen, um die stattgefundene Pflichtverletzung zu ahnden. Ein milderes ist normalerweise der Ausspruch einer Abmahnung, mit der der Arbeitgeber das Fehlverhalten des Mitarbeiters beanstandet und für den Fall künftiger Pflichtverletzungen arbeitsrechtliche Konsequenzen androht. Bei schwerem Fehlverhalten ist eine Abmahnung oftmals nicht erforderlich, z.B. bei mehrtägigem unentschuldigtem Fernbleiben vom Arbeitsplatz, bei absichtlicher Missachtung von Arbeitsschutzvorschriften, beim Fälschen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen oder bei Straftaten zu Lasten des Arbeitgebers. War die Vertragsverletzung arbeitsplatzbezogen und nicht etwa betriebs- oder vertrauensbezogen, kommt als milderes Mittel vor Kündigung des Arbeitsvertrags unter Umständen auch die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz in Betracht.
Liegt nach diesen Grundsätzen ein Grund vor, der eine verhaltsbedingte Kündigung rechtfertigen kann, muss im Rahmen einer Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer geprüft werden, ob das Kündigungsinteresse des Arbeitgebers das Fortbestandsinteresse des Arbeitnehmers überwiegt. Dies ist der Fall, wenn die Kündigung objektiv als billigenswert und angemessen erscheint.
Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen (§ 1 Abs. 2 S. 4 KSchG). Der Arbeitgeber trägt also die Darlegungs- und Beweislast in einem Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht.
Ist eine betrieblich bedingte Kündigung aufgrund der vorgenannten - oder anderen - rechtlichen Voraussetzungen unwirksam, muss dies arbeitsgerichtlich festgestellt werden durch Erhebung Kündigungsschutzklage. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht innerhalb der 3-Wochen-Frist gerichtlich geltend gemacht, so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam.
Verhaltensbedingte Kündigung haben häufig rechtliche Auswirkungen über das Arbeitsrecht selbst hinaus in das Sozialrecht. Ist der gekündigte Arbeitnehmer nach Ausspruch der verhaltensbedingten Kündigung auf den Bezug von Arbeitslosengeld 1 nach dem SGB III angewiesen, wird von der Arbeitsagentur üblicherweise eine Sperrzeit beim Bezug des Arbeitslosengelds ausgesprochen: Hat der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (“Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe” - § 159 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III), verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit von zwölf Wochen.
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