Rechtsanwalt, Fachanwalt für Sozialrecht, Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose, Yorckstr. 22, 93049 Regensburg

Aktuelles Sozialrecht (Archiv 2017)

Bitte beachten Sie, dass es sich bei den Entscheidungen und Meldungen in aller Regel um Einzelfallentscheidungen handelt, die nicht ohne weiteres auf andere Fälle übertragen werden können und eine Rechtsberatung im konkreten Fall nicht ersetzen können.

Sozialrecht - Einheitliche Kostenentscheidung in Statusverfahren

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind (§ 183 S. 1 SGG). Für Statusverfahren, also Verfahren über die Beurteilung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung (§ 7 SGB IV) oder selbständigen Tätigkeit, bedeutet dies, dass das Verfahren gerichtskostenfrei ist, wenn ein Beschäftigter, also ein Versicherter, keine seinen sozialversicherungsrechtlichen Status als Beschäftigter klagt mit dem Ziel, als selbständig eingeordnet zu werden. Klagt nicht der Beschäftigte, sondern der Arbeitgeber, ist das Gerichtsverfahren nicht kostenfrei, da der Arbeitgeber nicht zu den in § 183 S. 1 SGG genannten Personen zählt. In Statusverfahren, in denen sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer wegen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Versicherungspflicht klagen, erfolgt eine einheitliche Kostenentscheidung auf Grundlage der Regelungen für privilegierte Kläger nach § 183 SGG, es fallen keine Gerichtskosten an (Bayerisches LSG, 06.12.2017, Az. L 6 R 70/15).

(22.12.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Genehmigung einer Abdominalplastik durch die gesetzliche Krankenversicherung

Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst - MDK), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (§ 13 Abs. 3a S. 1 SGB V). Kann die Krankenkasse diese Fristen nicht einhalten, teilt sie dies dem Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs. 3 S. 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs. 3 S. 6 SGB V - “fingierte Genehmigung”). Beschafft sich der leistungsberechtigte Versicherte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (§ 13 Abs. 3 S. 7 SGB V). Der Versicherte kann die Leistung (hier: Abdominalplastik (Straffung der Bauchhaut) nach massiver Gewichtsabnahme) kraft fingierter Genehmigung verlangen, ohne sie sich erst auf eigene Kosten zu beschaffen. Der Gesetzgeber wollte nämlich mit der fingierten Genehmigung die Rechte der Patienten gezielt verbessern. Er schützt damit bewusst das Interesse aller Berechtigten an zeitgerechten Entscheidungen der Krankenkassen. Er will mittellose Versicherte nicht sachwidrig gegenüber den Versicherten benachteiligen, die sich gleich nach der Genehmigung die Leistung selbst beschaffen können, und ihnen nicht das wieder nehmen lassen, was er mit einer rechtmäßig fingierten Genehmigung gewährt hat (BSG, 07.11.2017, Az. B 1 KR 15/17 R, B 1 KR 24/17 R - PM 56/17).

(04.12.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Genium-Kniegelenk auf Kosten der Krankenkasse

Gesetzlich Krankenversicherte haben gemäß § 27 SGB V Anspruch auf Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln, wenn diese im Einzelfall erforderlich sind, um eine Behinderung auszugleichen. Die Versorgung muss ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Bei einem unmittelbaren Behinderungsausgleich sind Funktionsdefizite möglichst weitgehend auszugleichen. Bietet ein kostenaufwändiges Hilfsmittel einem behinderten Versicherten einen wesentlichen Gebrauchsvorteil im Vergleich zur kostengünstigeren Alternative, so ist dies von der Krankenkasse zu gewähren. Kann ein Versicherter die Gebrauchsvorteile tatsächlich nutzen, so hat er Anspruch auf eine Versorgung mit einem Genium-Kniegelenk anstelle eines C-Leg (Hessisches LSG, 09.11.2017, Az. L 1 KR 211/15).

(30.11.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Sozialversicherungsbeitrag auf den Mindestlohn

Der ab dem 01.01.2015 eingeführte allgemeine Mindestlohn ist als Geldbetrag geschuldet und kann nicht durch das Gewähren von Sachleistungen erfüllt werden. Sozialversicherungsbeiträge sind daher auf der Grundlage des Mindestlohns von pro geleisteter Stunde zu zahlen und nicht aus einem um etwaige Sachbezüge geminderten, z.B. die private Nutzung des Dienst-Pkw, ausgezahlten Stundenlohn (Bayerisches LSG, 14.11.2017, Az. L 7 R 5146/17 B ER).

(29.11.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Umschulung auf Kosten der Rentenversicherung

Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt u.a. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 SGB VI). Für die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers, welche Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (Umschulung) im Einzelnen zu gewähren ist, ist eine Prognoseentscheidung zu treffen, die gerichtlich nur eingeschränkt dahingehend zu überprüfen ist, ob die Beklagte bei ihrer Prognoseentscheidung alle relevanten Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob diese Prognose im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich unrichtig gewesen ist (Bayer. Landessozialgericht, 25.10.2017, Az. L 19 R 8/16).

(23.11.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Beitragssatz in der Rentenversicherung sinkt ab 2018

Das Bundeskabinett hat am 22. November neben dem Rentenversicherungsbericht 2017 auch die Verordnung zur Bestimmung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung für das Jahr 2018 (Beitragssatzverordnung 2018 - BSV 2018) beschlossen, mit der der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Januar 2018 von derzeit 18,7 auf dann 18,6 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen abgesenkt wird. In der knappschaftlichen Rentenversicherung beträgt der Beitragssatz ab Januar 2018 24,7 Prozent.

(22.11.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II ist verfassungsgemäß

Im Rahmen des Bezugs von Arbeitslosengeld II werden nach § 22 SGB II die Kosten für die Wohnung grundsätzlich nur in angemessener Höhe erstattet. Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat nun entschieden, dass diese Begrenzung mit dem Grundgesetz zu vereinbaren ist. Die Regelung genügt der Pflicht des Gesetzgebers, einen konkreten gesetzlichen Anspruch zur Erfüllung des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum zu schaffen (BVerfG, 06.10.2017, 10.10.2017, Az. 1 BvR 617/14, 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15).

(16.11.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Sozialversicherungspflicht einer Pflegefachkraft

Eine Pflegefachkraft, die im Rahmen eines Auftragsverhältnisses, auf der Basis eines Dienstleistungsvertrags, Pflegeleistungen in einer stationären Pflegeeinrichtung erbringt, ist abhängig beschäftigt und damit versicherungspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung (SGB V, SGB XI), der Rentenversicherung (SGB VI) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (SGB III). Insbesondere das fehlende unternehmerische Risiko und die Eingliederung in den Pflegebetrieb sprechen gegen eine selbständige Tätigkeit (LSG Baden-Württemberg, 27.09.2017, L 5 R 4632/16).

(24.10.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Schauspieler haben Anspruch auf Aufnahme in Vermittlungskartei der Arbeitsagentur

Die Bundesagentur für Arbeit muss Schauspieler in die bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) geführte Vermittlungskartei aufnehmen. Der Anspruch der Schauspieler auf Aufnahme in die Vermittlungskartei folgt aus § 35 SGB III. Das bisherige Verfahren, wonach Schauspieler, die keinen Abschluss an einer staatlichen Schauspielschule vorweisen können, nur dann in die Vermittlungskartei für Schauspieler aufgenommen worden sind, wenn sie einen Eingangstest bei der ZAV erfolgreich durchlaufen haben, ist danach rechtswidrig (BSG, 12.10.2017, Az. B 11 AL 24/16 R; PM 53/17).

(17.10.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Rentenrelevante Einschränkung des Leistungsvermögens als Zahnarzthelferin

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind (§ 240 Abs. 1 SGB VI). Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 S. 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 S. 2 SGB VI). Bei der Prüfung des Vorliegens von zeitlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens für die Tätigkeit einer Zahnarzthelferin bzw. zahnmedizinischen Fachangestellten ist zu berücksichtigen, dass ein überwiegend stehender Tätigkeitsanteil nicht zwingend mit der Tätigkeit verbunden ist. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass sich die Tätigkeit einer zahnmedizinischen Fachangestellten auch nicht in der Stuhlassistenz erschöpft, sondern sie umfasst ein deutlich größeres Tätigkeitsspektrum, zu der auch patientenorientierte Tätigkeiten, Serviceleistungen und Verwaltungstätigkeiten gehören. Schließlich muss berücksichtigt werden, dass eine Tätigkeit als zahnmedizinische Fachangestellte nicht nur in Zahnarztpraxen, sondern auch in Kliniken, Forschungsbereichen und insbesondere auch in Gesundheitsämtern möglich ist. Alle diese Aspekte schränken den Anwendungsbereich des § 240 SGB VI für die Tätigkeit einer Zahnarzthelferin bzw. einer zahnmedizinischen Fachangestellten doch deutlich ein (LSG München, 27.09.2017, Az. L 19 R 328/15).

(10.10.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Erwerbsminderungsrente bei psychischen Erkrankungen


Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie  erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 43 SGB VI). Ob und inwieweit jemand erwerbsgemindert ist, hängt davon ab, inwieweit der kranke bzw. behinderte Betroffene unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich erwerbstätig sein kann. Entscheidend ist nicht die Krankheit an sich oder die Diagnose (hier u.a. rezidivierende depressive Störung und anhaltende somatoforme Störung), sondern die Auswirkungen der Erkrankung auf die Erwerbsfähigkeit. Die objektive Beweislast für die funktionellen Auswirkungen der psychischen Störungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trägt der Rentenantragsteller, nicht die Rentenversicherung (LSG München, 20.09.2017, Az. L 19 R 292/16).

(09.10.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Bemessungszeitraum für den Bezug von Arbeitslosengeld nach Freistellung

Das Arbeitslosengeld beträgt 67 % (erhöhter Leistungssatz) oder 60 % (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 150 Abs. 1 SGB III).  Für den Bemessungszeitraum kommt es - anders als für den Bemessungsrahmen - auf die Beendigung des leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses und nicht auf die des Arbeitsverhältnisses im beitragsrechlichen Sinne an. Zeiten der unwiderruflichen Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung zählen deshalb nicht zum Bemessungszeitraum (Landessozialgericht München, 19.09.2017, Az. L 10 AL 67/17).

(04.10.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung

Beantragt ein Versicherter die Weitergewährung einer Erwerbsminderungsrente (§ 43 SGB VI), ist die Beurteilung der medizinischen Situation zum Zeitpunkt der beantragten Weitergewährung maßgeblich. Bei erfolgtem Ablauf einer befristeten Rentengewährung sieht die rechtliche Regelung nicht etwa einen Vergleich zur vorherigen Situation vor, so dass auch kein Nachweis erforderlich ist, dass sich die Situation tatsächlich gebessert hat (Landessozialgericht München, 22.08.2017, Az. L 19 R 500/16).

(20.09.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Keine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld nach Abschluss eines Altersteilzeitvertrags

Eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld nach § 159 SGB III tritt nicht ein, wenn ein Arbeitnehmer am Ende der Altersteilzeit entgegen seiner ursprünglichen Planung nicht sofort Altersrente in Anspruch nimmt, sondern zunächst Arbeitslosengeld beantragt, weil er - bedingt durch eine Gesetzesänderung - zu einem späteren Zeitpunkt abschlagsfrei in Rente gehen kann. Dies stellt einen wichtigen Grund dar, der dm Eintritt einer Sperrzeit entgegen steht (Bundessozialgericht, 12.09.2017, Az. B 11 AL 25/16 R).

(18.09.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Tierarzt ist nicht rentenversicherungspflichtig

Abhängig Beschäftigte sind rentenversicherungspflichtig. Wird eine Tätigkeit ausgeübt, die zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer verpflichtet, besteht jedoch ein Anspruch auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht (§ 6 Abs. 1 SGB VI). Hiervon ist bei einer tierärztlichen Tätigkeit auszugehen. Eine approbationspflichtige Tätigkeit - wie etwa die Tätigkeit eines niedergelassenen Tierarztes - ist insoweit nicht Voraussetzung. Ausreichend ist eine tierärztliche Tätigkeit in der Pharmaindustrie, im konkreten Rechtsstreit die Tätigkeit bei einem pharmazeutischen Unternehmen als als Teamleiter für die Qualitätssicherung und Sicherheit bei der Herstellung von Blutgerinnungsmitteln, bei der tierische Zellen verwendet werden. Hierbei handele es sich nämlich um eine berufsspezifisch tierärztliche Tätigkeit, die Kenntnisse erfordert, die auch im Rahmen eines veterinärmedizinischen Studiums erworben werden (Landessozialgericht Hessen, 10.08.2017; Az. L 1 KR 120/17.)

(06.09.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II

Das Sozialgericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 86b Abs. 2 S. 1 SGG - einstweilige Anordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG). M.a.W. muss der Erlass einer einstweiligen Anordnung eilbedürftig sein, es muss ein sog. Anordnungsgrund gegeben sein. Im Bereich des Rechts der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II - Hartz IV - wurde in der Vergangenheit von vielen Sozial- und Landessozialgerichten der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II) regelmäßig abgelehnt, solange der Vermieter noch keine Räumungsklage erhoben hatte. Es fehle, solange eine Räumungsklage noch nicht erhoben worden ist, an der Eilbedürftigkeit für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG. Dieser sehr pauschalen Sichtweise hat das Bundesverfassungsgericht nun einen Riegel vorgeschoben. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben in einstweiligen Rechtsschutzverfahren anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob tatsächlich die notwendige Eilbedürftigkeit für eine vorläufige Leistungsgewährung vorliegt. Sie können die Eilbedürftigkeit von vorläufigen Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung deshalb nicht nur pauschal und schematisch darauf beziehen, ob schon eine Räumungsklage erhoben worden ist. Insbesondere nämlich kann nach Rechtshängigkeit der Räumungsklage nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Verlust der Wohnung noch sicher abgewendet werden kann. Wird der rückständige Mietzins innerhalb von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit der Räumungsklage nachgezahlt, wird zwar die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB unwirksam. Doch hat dies auf die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung keine Auswirkungen. Es kann nicht pauschal davon ausgegangen werden, dass diese unwirksam ist (Bundesverfassungsgericht, 01.08.2017, Az. 1 BvR 1910/12).

(04.09.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Ehrenamt ist grundsätzlich sozialversicherungsbeitragsfrei

Ehrenämter sind in der gesetzlichen Sozialversicherung grundsätzlich auch dann beitragsfrei, wenn hierfür eine angemessene pauschale Aufwandsentschädigung gewährt wird und neben Repräsentationspflichten auch Verwaltungsaufgaben wahrgenommen werden, die unmittelbar mit dem Ehrenamt verbunden sind. Es handelt sich nicht um eine Beschäftigung i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV, die eine Versicherungspflicht in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung auslösen könnte. Denn Ehrenämter zeichnen sich durch die Verfolgung eines ideellen, gemeinnützigen Zweckes aus und unterschieden sich damit grundlegend von beitragspflichtigen, erwerbsorientierten Beschäftigungsverhältnissen (BSG, 16.08.2017, Az. B 12 KR 14/16 R; PM 38/17).

(16.08.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Sachliche Äußerungen eines Richters über die Rechtslage und den zu erwartenden Verfahrensausgang begründen keine Befangenheitsbesorgnis

Ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters kann nicht daraus hergeleitet werden, dass sich dieser eine Meinung über die Rechtslage und den Verfahrensausgang gebildet hat und diese Meinung in sachlicher Form äußert, gegebenenfalls auch verbunden mit dem Rat, die Klage oder Berufung zurückzunehmen. Auch die richterliche Entscheidung, keine weiteren medizinischen Ermittlungen durchzuführen, insbesondere in einem sozialrechtlichen Rechtsstreit mit medizinischem Bezug (hier: Krankenversicherungsrecht), keine Begutachtung anzuordnen, ist eine im Rahmen des richterlichen Ermessens im Rahmen der Verfahrensleitung getroffene Entscheidung, die nicht zu beanstanden ist (Bayerisches Landessozialgericht, 17.07.2017 – L 20 KR 65/17).

(11.08.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Doppelte Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung

Die Vollziehung einer Beitragsforderung, die für den Versicherten Doppelbeiträge in der Krankenversicherung in zwei verschiedenen europäischen Staaten darstellen und ca. fünf Monatsbeiträge der Altersversorgung beanspruchen würde, hätte eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge. Die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen den entsprechenden Beitragsbescheid ist daher im Rahmen eines sozialgerichtlichen Eilverfahrens nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG anzuordnen (Sozialgericht München, 25.07.2017, Az. S 29 KR 510/17 ER).

(07.08.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Keine Sperrzeit bei Abschluss eines Altersteilzeitvertrags

Löst ein Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis durch Abschluss eines Altersteilzeitvertrags, so kann er sich auf einen wichtigen Grund für die Arbeitsaufgabe berufen, wenn er im Anschluss an die Altersteilzeit nahtlos in den Ruhestand wechseln will und dies prognostisch möglich erscheint, insbesondere nach der rentenrechtlichen Lage. Unerheblich ist, ob der Arbeitnehmer später entsprechend seiner ursprünglichen Absicht tatsächlich Altersrente beantragt oder ob er seine Pläne für den Ruhestand ändert, z.B. wegen einer neuen Rechtslage. Eine Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld (§ 159 SGB III) tritt in diesem Fall nicht ein (Sozialgericht Karlsruhe, 03.07.2017, Az. S 5 AL 894/17).

(03.08.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Antrag auf Arbeitslosengeld II bei Zuständigskeitswechsel

Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze  noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Leistungen nach dem SGB II werden nur auf Antrag erbracht. Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den Ersten des Monats zurück (§ 37 SGB II). Die örtliche Zuständigkeit des Jobcenters bestimmt sich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der hilfebedürftigen Person. Verlagert jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Laufe eines Monats, etwa wegen eines Umzugs von München nach Regensburg am 15. eines Monats, vom Zuständigkeitsbereich eines Jobcenter in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Jobcenters wären eigentlich zwei verschiedene Jobcenter zuständig. Die Frage, ob in einem solchen Fall zwei Leistungsanträge, also ein Antrag für die Zeit bis zum 14. des Monats und ein Antrag fü+r die Zeit ab dem 15. des Monats zu stellen sind, beantwortete nun das LSG München: Ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II  wirkt auf den Ersten des Antragsmonats zurück und hat bei einem in diesem Monat eingetretenen, vorangegangenen Zuständigkeitswechsel auch die Wirkung eines an den vorher zuständigen Leistungsträger gestellten Antrages (Bayer. LSG, 19.07.2017, Az. L 11 AS 460/17 NZB).

(02.08.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Kein Krankenversicherungsbeitrag auf Überbrückungsleistungen des Arbeitgebers

Bei versicherungspflichtig Beschäftigten werden der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung neben dem Arbeitsentgelt u.a. der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung und der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge), zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 S. 1 SGB V). Als Versorgungsbezüge gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, auch Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung (§ 229 Abs. 1 S. 1 SGB V). Das Bundessozialgerichts hat jüngst entschieden, dass für ein betriebliches Ruhegeld aus einer Direktzusage des früheren Arbeitgebers keine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen sind, solange die Zahlung lediglich Überbrückungsfunktion hat,  also nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zur Überbrückung der Zeit bis zum Renteneintritt gezahlt wir. Voraussetzung ist, dass für den Leistungsbeginn auf ein Lebensalter abgestellt wird, das nach der Verkehrsanschauung typischerweise nicht schon als Beginn des Ruhestands gelten kann, und diese Zuwendung bis zum Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand befristet ist (BSG, 20.07.2017, B 12 KR 12/15 R; PM 34/17).

(01.08.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Übernahme der Kosten einer Liposuktion durch die gesetzlichen Krankenkassen

Krankenkassen lehnen die Kosten einer Liposuktion (Fettabsaugung) bei Lipödem regelmäßig mit der Begründung ab, die Liposuktion stelle keine medizinisch erforderliche Behandlungsalternative dar. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) teilt diese Auffassung der gesetzlichen Krankenversicherungen jedoch nicht. Die Liposuktion bei Lipödem bietet nach Auffassung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) das Potenzial als erforderliche Behandlungsalternative. Vor einer endgültigen Entscheidung darüber, ob diese Operation künftig auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht wird, muss jedoch noch eine Erprobungsstudie durchgeführt werden, bei der z.B. noch die Notwendigkeit von Folge- und Wiederholungseingriffen überprüft werden muss (PM des G-BA vom 20.07.2017).

(26.07.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Leichterer Zugang zur Krankenversicherung der Rentner ab dem 1. August

Versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung sind u.a. nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums (“9/10-Regelung”) Mitglied oder familienversichert waren (“Krankenversicherung der Rentner” - KVdR). Durch das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz – HHVG) vom 04.04.2017 wird der Zugang in die Krankenversicherung der Renten zum 01.08.2017 insoweit erleichtert, als für die Erfüllung der Vorversicherungszeit nach der 9/10-Regelung ab August 2017 Kindererziehungszeiten berücksichtigt werden. Auf die Vorversicherungszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind eine Zeit von drei Jahren angerechnet (vgl. Art. 1 Ziff. 0a) b) HHVG). Der Beitrag in der KVdR (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V) ist für Rentner häufig niedriger als in der freiwilligen gesetzlichen Versicherung (§ 9 RVG), da bestimmte Einkünfte wie Mieteinnahmen, private Renten oder Kapitalerträge nicht beitragspflichtig sind. Mit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung geht die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung nach dem SGB XI (“Pflegeversicherung der Rentner” - PVdR) einher, für die das zur Krankenversicherung der Rentner Gesagte entsprechend gilt.

(24.07.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Keine niedrigeren Sozialversicherungsbeiträge für Eltern

Die gesetzlich fehlende Beitragsentlastung für Eltern in der gesetzlichen Rentenversicherung (SGB VI) ist nicht verfassungswidrig. Es verstößt nicht gegen das Grundgesetz (insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 GG) verstößt, wenn von Eltern wegen ihrer Betreuungs- und Erziehungsleistungen keine niedrigeren Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gefordert werden (BSG, 20.07.2017, Az. B 12 KR 14/15 R).

(23.07.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Pflegefachkraft arbeitet nicht selbständig

Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV). An die Beschäftigung i.S.d. § 7 SGB IV knüpft regelmäßig die Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung. Der Arbeitgeber hat, wenn er einen Mitarbeiter beschäftigt, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu entrichten. Gegenstück zur abhängigen Beschäftigung ist die selbständige Tätigkeit. An die selbständige Tätigkeit knüpft regelmäßig für den Arbeitgeber keine Sozialversicherungsbeitragspflicht an. Aufgrund dieser ganz erheblichen, vor allem auch wirtschaftlichen Folgen, herrscht oftmals Streit darüber ob ein Mitarbeiter als selbständig oder als abhängig beschäftigt anzusehen ist. Nahezu jede Tätigkeit kann sowohl in selbständiger Form als auch in abhängiger Form geleistet werden. Daher kommt es immer auf die genauen Umstände des Einzelfalls an. Bei einer Pflegefachkraft in einem Pflegeheim ist regelmäßig von einer abhängigen und damit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auszugehen. Der Pfleger ist üblicherweise in die Arbeitsorganisation des Pflegeheims eingegliedert und dort weisungsabhängig tätig (Landessozialgericht Hessen, 16.05.2017, Az. L 1 KR 551/16).

(19.07.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Inlandsbezug als Voraussetzung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen

In der gesetzlichen Rentenversicherung versicherte Personen, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet haben, bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 SGB IX) anerkannt sind und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben (Altersrente für schwerbehinderte Menschen, § 236a Abs. 1 S. 1 SGB VI).  § 236a SGB VI verlangt  auf Grund des Verweises auf § 2 Abs. 2 SGB IX auch einen Inlandsbezug. Denn nach § 2 Abs. 2 SGB IX sind Menschen  schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz iS des § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs haben. Ist dieser Inlandsbzug nicht gegeben, besteht kein Anspruch auf eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bundessozialgericht, 12.04.2017, Az. B 13 R 15/15 R).

(11.07.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld bleiben beim Elterngeld unberücksichtigt

Elterngeld wird in Höhe von 67 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1800,00 € monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat (§ 2 Abs. 1 S. 1,2 BEEG). Jährlich einmal gezahltes Urlaubs- oder Weihnachtsgeld erhöhen nicht das Elterngeld. Diese Gelder bleiben bei der Bemessung des Elterngeldes als sonstige Bezüge außer Betracht (BSG, 29.06.2017, Az. B 10 EG 5/16 R).

(10.07.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Flexirente in Kraft getreten

Das Flexirentengesetz ist zum 01.07.2017 in Kraft getreten und bringt verschiedene Änderungen für Rentner mit sich, v.a. beim Hinzuverdienst, der Weiterarbeit und bei Sonderzahlungen. So können Rentner mit einer vorgezogenen Altersrente 6.300,00 € jährlich anrechnungsfrei dazu verdienen; die bisherige monatliche Grenze von 450,00 €gilt nicht mehr. Der über 6.300,00 € liegende Hinzuverdienst wird bis zu einer rechnerischen Obergrenze zu 40 % auf die Rente angerechnet. Seit dem 1. Juli sind auch Rentner mit vorgezogener Altersrente in einer (Neben-) Beschäftigung nicht mehr versicherungsfrei, sondern rentenversicherungspflichtig. Auch können freiwillige Rentenbeiträge bezahlt werden, um die Rente zu erhöhen. Auch bei Renten wegen Erwerbsminderung haben sich durch die Flexirente auf mindestens 6.300,00 € erhöht. Schließlich kann auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze weitergearbeitet und unbegrenzt hinzuverdient werden; möglich ist es nun auch, einen Rentenzuschlag zu erhalten, wenn die Altersrente erst später, also nicht bereits unmittelbar ab Beginn der Regelaltersrentengrenze beansprucht wird.

(03.07.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Krankengeld oder medizinische Reha

Versicherte in der GKV haben in der Regel Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden (§ 44 SGB V). Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, kann die Krankenkasse eine Frist von zehn Wochen setzen, innerhalb der sie einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen haben (§ 51 Abs. 1 S. 1 SGB V). Stellen Versicherte innerhalb der Frist den Antrag nicht, entfällt der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf der Frist (§ 51 Abs. 3 S. 1 SGB V). Wird der Antrag später gestellt, lebt der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tag der Antragstellung wieder auf  (§ 51 Abs. 3 S. 1 SGB V). Die Aufforderung zur Antragstellung auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 51 SGB V ist aber nicht uneingeschränkt möglich, sondern unterliegt hohen rechtlichen Voraussetzungen. Die Möglichkeit für die gesetzlichen Krankenkassen, Versicherte zur Stellung eines Rehabilitationsantrags aufzufordern, dient im Wesentlichen dazu, beim Versicherten die Minderung der Erwerbsfähigkeit zu beseitigen. Voraussetzung von ist insbesondere, dass eine erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliegt. Dies ist der Fall, wenn entweder der gesundheitliche Zustand des Versicherten so schlecht ist, dass mit einer dauerhaften Minderung oder dem Verlust seiner Erwerbsfähigkeit gerechnet werden muss, oder eine solche Minderung bereits eingetreten ist. Eine dauerhafte Minderung oder Gefährdung liegt üblicherweise vor, wenn diese voraussichtlich länger als sechs Monate bestehen wird. Um dies prognostisch festzustellen, ist ein ärztliches Gutachten erforderlich, ein bloßes Attest oder eine Bescheinigung. Das Gutachten muss sich zu der durch die festgestellten Gesundheitsstörungen bedingten Leistungseinschränkung und ihrer voraussichtlichen Dauer äußern (Bayer. LSG, 30.05.2017, Az. L 20 KR 545/16).

(29.06.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Wohnungserstausstattung nach Zwangsräumung

Im Bereich der Grundsicherung nach dem SGB II (Hartz IV) kann ein Anspruch auf eine Wohnungserstausstattung bestehen. Ein Anspruch gegen das Jobcenter auf Bewilligung von Geldleistungen für die Beschaffung einer neuen Wohnungseinrichtung besteht nach einer Zwangsräumung jedenfalls dann nicht, wenn die alte Einrichtung durch den bisherigen Vermieter zunächst eingelagert und nur deshalb vernichtet wurde, weil der Leistungsempfänger eine Abholung der Einrichtungsgegenstände, zu deren Herausgabe der ehemalige Vermieter bereit war, unter Verweis auf den schlechten Zustand der Einrichtung verweigert hat (LSG Baden-Württemberg, 12.6.2017, Az. L 1 AS 1310/17 ER-B).

(26.06.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Verjährung von Sozialversicherungsbeitragsnachforderungen infolge der CGZP-Tarifunfähigkeit

Ansprüche auf Sozialversicherungsbeiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV).  Für bedingten Vorsatz ist ausreichend, dass der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat. Die dreißigjährige Verjährungsfrist ist auch anzuwenden, wenn ein anfänglich gutgläubiger Beitragsschuldner vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist bösgläubig geworden ist. Der subjektive Tatbestand ist dabei bezogen auf die konkreten Umstände des Einzelfalls und den betreffenden Beitragsschuldner individuell zu ermitteln; die Feststellungslast für den subjektiven Tatbestand trifft im Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die für ihn günstige lange Verjährungsfrist beruft. Kenntnis ist das sichere Wissen darum, rechtlich und tatsächlich zur Zahlung der Beiträge verpflichtet zu sein. Solche den Vorsatz indizierende Kenntnis von der Beitragspflicht kann nach der Rechtsprechung regelmäßig angenommen werden, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt überhaupt keine Beiträge entrichtet werden; sie liegt auch noch nahe, wenn Beiträge für in der Praxis verbreitete Nebenleistungen zum Arbeitsentgelt nicht gezahlt werden. Demgegenüber muss der Vorsatz bei wenig verbreiteten Nebenleistungen, bei denen die Steuer- und die Betragspflicht in komplizierten Vorschriften geregelt sind und inhaltlich nicht voll deckungsgleich sind, eingehend geprüft und festgestellt werden. Fehler bei der Beitragsentrichtung dürften in diesen Fällen nicht selten nur auf fahrlässiger Rechtsunkenntnis beruhen. Bloße Fahrlässigkeit, auch bewusste Fahrlässigkeit, schließt jedoch die Anwendung der dreißigjährigen Verjährungsfrist aus. Solange die Rechtslage unklar ist, beispielsweise dahingehend, welche Schlüsse aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts für das Sozialversicherungsrecht zu ziehen sind, kann Vorsatz zu verneinen sein. Im konkreten Falle wurde daher für die Verjährung von Nachforderungen von Beiträgen zur Sozialversicherung infolge der Tarifunfähigkeit der CGZP nach einer Betriebsprüfung durch die Rentenversicherung eine vierjährige Verjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV) angenommen  und - nicht wie die Rentenversicherung glaubte - die dreißigjährige Verjährungsfrist (Landessozialgericht Baden-Württemberg, 17.05.2017, Az. L 5 R 1109/14).

(08.06.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Nichtberücksichtigung von Einkommen aus überobligatorischer Erwerbstätigkeit beim Elternunterhalt

Die Leistungsfähigkeit eines Kindes im Rahmen des Elternunterhalts hängt ganz wesentlich auch vom Einkommen des Kindes aus Erwerbstätigkeit ab. Dabei kann überobligationsmäßiges Einkommen unberücksichtigt bleiben. Trifft die Betreuung eines eigenen Kindes mit einer Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils zusammen, ist nicht ein pauschaler Betreuungsbonus zu gewähren, sondern hängt es von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab, inwieweit das erzielte Einkommen ganz oder teilweise als überobligatorisch im Rahmen der Elternunterhaltspflicht unberücksichtigt bleibt (BGH, 15.02.2017, Az. XII ZB 201/16).

(01.06.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen auf VBL-Eigenanteile

Öffentliche Arbeitgeber in den neuen Bundesländern können die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen verlangen, die sie in der Vergangenheit bis zum 22.04.2015 auf Zuwendungen zur Versorgungskasse des Bundes und der Länder (VBL) gezahlt haben. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die VBL-Eigenanteile steuerfrei gemäß § 3 Nr. 63 EStG a.F., wobei der Begriff der Steuerfreiheit auch die Einkommensteuerfreiheit umfasst, so dass nach § 1 Abs. 1 Nr. 9 der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) kein sozialversicherungsbeitragsrechliches Einkommen vorlag (BSG, 23.05.2017, Az. B 12 KR 6/16).

(26.05.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Fachpublikationen begründen keine Befangenheit eines Prozessbeteiligten

Wie in anderen Prozessarten, etwa dem Arbeitsgerichts- oder dem Strafprozess, kann auch im Sozialgerichtsprozess nicht nur ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, sondern auch ein Sachverständiger (§ 118 SGG i.V.m. § 406 i.V.m. 42 ZPO). Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters bzw. Sachverständigen zu rechtfertigen, also bei einem Beteiligten von seinem Standpunkt aus vernünftigerweise Bedenken gegen die Unparteilichkeit des Richters bzw. Sachverständigen zu wecken. Eine publizistische Tätigkeit begründet in der Regel keine Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen (hier: in einem Sozialgerichtsverfahren um Versorgung nach dem Impfschadensrecht gemäß §§ 60 ff. Infektionsschutzgesetz), es sei denn, zusätzliche, eine Voreingenommenheit auch nur entfernt nahelegende Umstände sind dargetan (Landessozialgericht München, 05.05.2017, Az. L 20 SF 72/17 AB).

(25.05.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Fehler des Arztes bei der Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gehen nicht zu Lasten des Versicherten

Ein Anspruch auf Zahlung von Krankengeld durch die Krankenkasse setzt u.a. die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit voraus. Der feststellende Arzt stellt dem Versicherten dann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) aus. Dabei passieren in der Praxis immer wieder Fehler. Immer wieder kommt es vor, dass eine AUB nicht oder nicht rechtzeitig ausgestellt wird, so dass der Versicherte große Nachteile beim Krankengeldbezug erleidet, diese sogar soweit gehen können, dass sich der versicherungsrechtliche Status ändert und der Krankengeldanspruch insgesamt verloren geht. Eine Krankenkasse darf allerdings Versicherten, die zur Feststellung ihrer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit zeitgerecht persönlich einen Vertragsarzt aufsuchten, Krankengeldzahlungen nicht verweigern, wenn der Arzt die Ausstellung einer AU-Bescheinigung irrtümlich aus nichtmedizinischen Gründen unterlässt. “Verpasst” der Arzt es also aus nichtmedizinischen Gründen, eine AUB auszustellen, oder ist er der Auffassung, dieAusstellung zu einem späteren Termin sei ausreichend, geht dies nicht zu Lasten des Versicherten. Der Versicherte darf auch insoweit nicht auf - ungewisse - Regressansprüche gegen den Arzt verwiesen werden, wie es Krankenkassen dann in der Vergangenheit gerne taten (Bundessozialgericht, 11.05.2017, Az. B 3 KR 22/15 R; B 3 KR 12/16 R).

(19.05.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Berücksichtigung von Immobilienkrediten beim Elternunterhalt

Elternunterhaltsschuldnerunfreundlich hat jüngst der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Immobiliendarlehensverbindlichkeiten im Rahmen des Elternunterhalts entschieden. Neben den Zinsen sind zwar die Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnvorteils in Höhe von 480,00 € vom Einkommen des Elternunterhaltspflichtigen abzuziehen, ohne dass dies seine Befugnis zur Bildung eines zusätzlichen Altersvorsorgevermögens Quote von 5 % des Bruttoeinkommen schmälert. Der den Wohnvorteil dann noch übersteigende Tilgungsanteil ist jedoch als Vermögensbildung zu Lasten des Unterhaltsberechtigten im Rahmen der sekundären Altersvorsorge auf die Altersvorsorgequote von 5 % des Bruttoeinkommens des Elternunterhaltspflichtigen anzurechnen (BGH, 18.01.2017, Az. XII ZB 118/16).

(12.05.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Berufskrankheit Rippenfelltumor

Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) als Berufskrankheiten bezeichnet und die in der gesetzlichen Unfallversicherung Versicherte infolge einer unter den Versicherungsschutz der Unfallversicherung fallenden Tätigkeit erleiden (§ 9 SGB VII). Ein Rippenfelltumor eines Schlossers kann eine Berufskrankheit nach Nr. 4105 BKV sein. Die Diagnose eines wahrscheinlichen Mesothelioms reicht als Nachweis aus. Für die Anerkennung einer Berufskrankheit ist im Vollbeweis nachzuweisen, dass die entsprechende Erkrankung vorliegt. Der juristische Vollbeweis erfordert jedoch keine absolute Sicherheit. Wenn die Diagnose eines Mesothelioms der Kategorie B medizinisch als gesichert gilt, ist auch der juristische Vollbeweis erbracht (Landessozialgericht Hessen, 21.02.2017, Az. L 3 U 124/14).

(08.05.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Sozialversicherungsrechtlicher Status eines Heilpädagogen

Die Entscheidung darüber, ob eine Tätigkeit in rechtlicher Hinsicht als selbständige Tätigkeit einzuordnen ist oder als abhängige Beschäftigung ist häufig Gegenstand sozialgerichtlicher Prozesse. Denn an das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, knüpfen sich zahlreiche sozialrechtliche Rechte und Pflichten, besonders auch die Beitragspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung. Anhaltspunkte für eine abhängige Beschäftigung sind v.a. eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (vgl. § 7 Abs. 1 SGB IV). Wird ein Heilpädagoge auf der Basis von Honorarverträgen als Erziehungsbeistand im Rahmen der öffentlichen Jugendhilfe weitgehend weisungsfrei tätig und liegt das Honorar deutlich über der üblichen Vergütung fest Angestellter, ist er selbstständig tätig und nicht abhängig beschäftigt. Denn liegt das vereinbarte Honorar deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers und lässt es dadurch Eigenvorsorge zu, ist dies ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit (Bundessozialgericht, 31.03.2017, Az. B 12 R 7/15 R).

(02.05.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr: Merkzeichen G

Wer in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, kann das behindertenrechliche Merkzeichen G beanspruch. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Bei der Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d. h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird. Dass die Gehstrecke i.S.d. Merkzeichens G nur mit Schmerzen bewältigt werden kann, ist kein maßgebliches gesetzliches Beurteilungskriterium. Besondere Auswirkung auf die Gehfähigkeit verlangt ein derart ausgeprägtes Schmerzbild, das nach medizinischer Erfahrung zwingend eine Limitierung der Wegstrecke beinhaltet. Die individuelle Schmerztoleranz ist dagegen kein geeigneter Beurteilungsmaßstab einer das Merkzeichen G rechtfertigenden Behinderung (LSG Baden-Württemberg, 24.03.2017, Az. L 8 SB 3879/16).

(13.04.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

 

Sozialrecht - Voraussetzungen einer Sperrzeit wegen fehlenden Nachweises von Eigenbemühungen

Hat der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt u.a. dann vor, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen, § 159 ABs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB III). Eine Sperrzeit bei fehlendem Nachweis von Eigenbemühungen mit der Folge eines Wegfalls des Anspruchs auf Arbeitslosengeld für die Dauer von zwei Wochen tritt auch dann ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen lediglich nicht nachgewiesen hat. Dies setzt aber voraus, dass in der Eingliederungsvereinbarung, in der die Eigenbemühungen und deren Nachweise konkret umschrieben sind, im Gegenzug auch bereits vermittlungsunterstützende Leistungen (Übernahme von Bewerbungskosten, Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen) zugesagt worden sind (Bundessozialgericht, 04.04.2017, Az. B 11 AL 19/16 R und B 11 AL 5/16 R; PM 17/17 vom 04.04.2017).

(11.04.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

 

Sozialrecht - Sozialversicherungsrechtlicher Status einer Krankenschwester

Eine Krankenschwester, die aufgrund eines Kooperationsvertrags für einen ambulanten Pflegedienst tätig wird, steht nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, sondern ist selbständig tätig, wenn sie weder einem Weisungsrecht unterworfen ist, noch in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert ist. Hierfür spricht, wenn der Krankenschwester hinsichtlich der Frage, wie ein Patient zu pflegen und wie mit ihm und seinen Angehörigen umzugehen sei, keinerlei Weisungen erteilt wurden (Sozialgericht München, 23.02.2017, Az. S 31 R 1567/15).

(28.03.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

 

Sozialrecht - Anspruch auf Arbeitslosengeld nach Bezug einer Erwerbsminderungsrente

Versicherungspflichtig nach dem SGB III sind Personen in der Zeit, für die sie von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 SGB VI) beziehen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren oder Anspruch auf eine laufende Entgeltersatzleistung nach diesem Buch hatten (§ 26 Abs. 2 SGB III). Unmittelbar i.S.d. § 26 Abs. 3 SGB III ist nicht zeitlich auf die Dauer von einem Monat begrenzt. Würde als unmittelbar i.S.v. § 26 Abs. 2 SGB III nur maximal eine Frist von einem Monat anzuerkennen sein, würde der angestrebte Schutz von nach zeitweiliger Erwerbsunfähigkeit auf den Arbeitsmarkt zurückkehrender Personen zum Teil verfehlt, ohne dass dies von den Leistungsbeziehern beeinflusst werden könnte. Bei einer Lücke (hier: 43 Tage) zwischen Arbeitslosengeld und befristeter Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ist also nach dem Ende des Erwerbsunfähigkeitsrentenbezugs  Arbeitslosengeld als neuer Anspruch für eine längere Zeit zu gewähren und nicht lediglich als ein kürzerer (Rest-) Anspruch auf Arbeitslosengeld aus dem früheren Bezug vor der Rente (BSG, 23.02.2017, Az. B 11 AL 3/16 R).

(17.03.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

 

Sozialrecht - Riss der Rotatorenmanschette als Arbeitsunfallfolge

Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung (SGB VII) ist es, nach Eintritt von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Versicherten mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen und sie oder ihre Hinterbliebenen durch Geldleistungen, z.B. durch Verletztenrente, zu entschädigen. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer versicherte Tätigkeit. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. In der Praxis ist oftmals weniger streitig, dass ein Arbeitsunfall vorliegt, sondern mehr, welche gesundheitlichen Schäden beim Versicherten dadurch verursacht worden sind, da die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, in der Regel Berufsgenossenschaften (BG) häufig den Ursachenzusammenhang zwischen Unfall und Gesundheitsschaden bestreiten. Oftmals wird der Eintritt von gesundheitlichen Beschwerden auf orthopädischem Fachgebiet etwa mit degenerativen Veränderung begründet. Als Folge eines Arbeitsunfalls sind Gesundheitsstörungen nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurück zu führen ist, d.h. bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls muss mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang sprechen, den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen muss ein deutliches Übergewicht zukommen. Im Falle der Verletzung der Rotatorenmanschette stellt ein Sturz oder Schlag im Sinne eines direkten Anpralltraumas auf die Schulter keinen geeigneten Vorgang dar, einen Riss der Rotatorenmanschette zu bewirken. Das rein zeitliche Zusammentreffen einer Verletzung der Rotatorenmanschette mit einem Arbeitsunfallereignis reicht nicht aus, die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs insoweit zu begründen (Sozialgericht Karlsruhe, 24.02.2017, Az. S 1 U 1112/16).

(15.03.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

 

Sozialrecht - Sozialversicherungsrechtlicher Status einer Schulbuchverlagsredakteurin

Die Beantwortung der Frage, ob jemand in seiner Tätigkeit selbständig oder abhängig beschäftigt ist, ist von großer praktischer Bedeutung, besonders für die Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung.  Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Bei der Beurteilung des Status nach § 7 SGB IV sind also alle sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Gesichtspunkte, sowie das Maß der Weisungsgebundenheit, der Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers und des unternehmerischen Risikos abzuwägen. Auch eine sehr selbstbestimmt und mit großer organisatorischer und kreativer Eigenleistung arbeitende Fachkraft, wie die für einen Schulbuchverlag als Redakteurin tätige Klägerin, ist nach der Überzeugung des Gerichts bei den konkreten Arbeitsumständen abhängig beschäftigt, wenn sie ausschließlich für diesen einen Verlag arbeitet und kein unternehmerisches Risiko trägt. Dies gilt auch, wenn die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers nur gering ist, weil die Klägerin mit modernen Medien von zu Hause arbeitet (Sozialgericht Augsburg, 24.02.2017, Az. S 4 RR 10).

(13.03.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

 

Sozialrecht - Verwerfung einer Nichtzulassungsbeschwerde führt nicht zwangsläufig zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde

Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes (GG) enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben (§ 90 Abs. 1 BVerfGG). Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden (§ 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG). Eine Verfassungsbeschwerde ist also in der Regel unzulässig, wenn ein Rechtsmittel, hier die Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision zum Bundessozialgericht (§ 160a SGG) in einer unfallversicherungsrechtlichen Streitigkeit, durch dessen Gebrauch die behaupteten Grundrechtsverstöße hätten ausgeräumt werden können, aus prozessualen Gründen erfolglos bleibt. Auch wenn die Verwerfung einer Nichtzulassungsbeschwerde als solche nicht in jedem Falle ausreicht, um von der Unzulässigkeit auch der nachfolgenden Verfassungsbeschwerde auszugehen, muss ein Beschwerdeführer in der Verfassungsbeschwerde seinen Vortrag im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren jedenfalls im Wesentlichen mitteilen, so dass für das Bundesverfassungsgericht nachvollziehbar wird, ob die Nichtzulassungsbeschwerde offenbar unzulässig war und ob der Beschwerdeführer die verfassungsrechtliche Problematik zumindest der Sache nach dem Rechtsmittelgericht unterbreitet hat (BVerfG, 23.12.2016, Az. 1 BvR 1723/14).

(01.03.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

 

Sozialrecht - Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch im Rentenrecht

Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist eine sozialrechtliche Besonderheit, die einem Schadensersatzanspruch ähnelt. Voraussetzung ist, dass ein Sozialleistungsträger eine ihm obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, verletzt hat und dem Versicherten dadurch ein Nachteil entstanden ist. Folge ist dann, dass die Rechtsfolge eintritt, die eingetreten wäre, wenn der Sozialleistungsträger die ihm gegenüber dem Betroffenen obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte. Informiert ein Rentenversicherungsträger seine Versicherten nach einer Gesetzesänderung nicht anlasslos über die erst durch die Gesetzesänderung selbst eingetretene Möglichkeit der Inanspruchnahme einer abschlagsfreien vorzeitigen Altersrente (hier: Altersrente für besonders langjährig Versicherte), kann dem betroffenen Versicherten wegen Verletzung der aus § 115 Abs. 6 SGB VI resultierenden Beratungspflicht auch ohne vorherigen Kontakt ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch gegen den Träger der Rentenversicherung zustehen, durch den er so zu stellen ist als ob der Rentenantrag zum frühestmöglichen Zeitpunkt gestellt worden wäre (SG Karlsruhe, 08.02.2017, Az. S 2 R 3648/15).

(22.02.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

 

Sozialrecht - Vorläufiger Rechtsschutz gegen Eingliederungsverwaltungsakte

Das Jobcenter soll im Bereich der Grundsicherung nach dem SGB II im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung, § 15 Abs. 2 S. 1 SGB II). Soweit eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt, sollen die Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen werden (Eingliederungsverwaltungsakt, § 15 Abs. 3 S. 3 SGB II). Eingliederungsverwaltungsakte unterliegen der vollen sozialgerichtlichen Überprüfung, d.h. können sowohl durch Klage als auch ggf. durch Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes angegriffen werden. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren (Eilverfahren) sind Eingliederungsverwaltungsakte durch das Gericht aber nur summarisch zu prüfen. Rechtsschutz ist dann nur zu gewähren, wenn die summarische Prüfung nicht nur Zweifel, sondern erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsakts ergibt (Bayerisches Landessozialgericht, 12.01.2017, Az. L 7 AS 913/16 B ER).

(21.02.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

 

Sozialrecht - Kabinett beschließt Gesetzentwürfe für höhere Erwerbsminderungsrente und einheitliches Rentenrecht

Das Bundeskabinett hat am 15. Februar zwei Gesetzentwürfe beschlossen. Der Entwurf des Gesetzes über den Abschluss der Rentenüberleitung (Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz) führt dazu, dass die Deutsche Einheit bis 2025 auch in der Rentenversicherung erreicht wird. Mit dem Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Leistungen bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit weitet die Bundesregierung die Leistungen für Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr oder nur noch teilweise arbeiten können, weiter aus. Mit dem Gesetz zur Rentenangleichung wird die Rentenüberleitung abgeschlossen: Die bisher noch abweichenden Rechengrößen für die Rentenberechnung werden an die entsprechenden Westwerte angeglichen. Dazu werden der aktuelle Rentenwert (Ost), die Beitragsbemessungsgrenzen (Ost) und die Bezugsgröße (Ost) auf die jeweiligen Westwerte angehoben. Das Gesetz zur Verbesserung der Erwerbsminderungsrenten verlängert die Zurechnungszeit um drei Jahre auf das Alter von 65 Jahren, d.h. wer vorzeitig aus gesundheitlichen Gründen nur noch teilweise oder gar nicht mehr erwerbstätig sein kann, wird bei der Höhe der teilweisen oder vollen Erwerbsminderungsrente so gestellt, als habe er bis zum Alter von 65 Jahren mit dem bis zur Erwerbsminderung erzielten durchschnittlichen Einkommen weitergearbeitet. Die Erhöhung beginnt mit dem Jahr 2018 und wird im Jahr 2024 abgeschlossen sein. Beide Gesetze sollen in ihren maßgeblichen Teilen zum 1. Januar 2018 in Kraft treten (PM des BMAS vom 15.02.2017).

(15.02.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

 

Sozialrecht - Schulbegleiter für Kind mit Down-Syndrom

Leistungen der Eingliederungshilfe sind im Sozialhilferecht nach § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX besonders Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung. Der für die Sozialhilfe zuständige 8. Senat des Bundessozialgerichts hat nun entschieden, dass der zuständige Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe die Kosten für einen Schulbegleiter zu übernehmen hat, wenn ein wesentlich geistig behindertes Kind aufgrund der Behinderung ohne Unterstützung durch einen solchen Begleiter die für das Kind individuell und auf seine Fähigkeiten und Fertigkeiten abgestimmten Lerninhalte ohne zusätzliche Unterstützung nicht verarbeiten und umsetzen kann. Insoweit handelt es sich nicht um den Kernbereich allgemeiner Schuldbildung, für den allein die Schulbehörden die Leistungszuständigkeit besitzen. Im Rahmen des Nachrangs der Sozialhilfe ist lediglich Voraussetzung, dass eine notwendige Schulbegleitung tatsächlich nicht von diesen übernommen beziehungsweise getragen wird (BSG, 09.12.2016, Az. B 8 SO 8/15 R).

(13.02.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

 

Sozialrecht - Keine Meldepflicht für Berufspraktikanten im Anerkennungsjahr

Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden (§ 38 Abs. 1 S. 1 SGB III). Erfolgt die Meldung nicht oder nicht fristgerecht, droht eine einwöchige Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung (§ 159 Abs. 1 Nr. 7 SGB III). Diese Meldepflicht besteht aber nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis, unter den Begriff fallen auch Berufspraktikanten (hier: Sozialpädagoge) im Anerkennungsjahr (LSG Hessen, 16.12.2016, Az. L 7 AL 35/15).

(07.02.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

 

Sozialrecht - Erstattung von Rentenzahlung nach dem Tod des Rentenempfängers

Soweit Geldleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, z.B. eine Erwerbsminderungsrente, für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten zu Unrecht erbracht worden sind, sind sowohl die Personen, die die Geldleistungen unmittelbar in Empfang genommen haben oder an die der entsprechende Betrag durch Dauerauftrag, Lastschrifteinzug oder sonstiges bankübliches Zahlungsgeschäft auf ein Konto weitergeleitet wurde (Empfänger), als auch die Personen, die als Verfügungsberechtigte über den entsprechenden Betrag ein bankübliches Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos vorgenommen oder zugelassen haben (Verfügende), dem Träger der Rentenversicherung zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet (§ 118 Abs. 4 S. 1 SGB VI). Ein gerichtlich bestellter Betreuer kann aber nicht als Verfügender oder Empfänger i.S.d. § 118 Abs. 4 S. 1 SGB VI) angesehen werden, so dass er nicht zur Erstattung der Rente herangezogen werden kann, wenn er diese verwendete, ohne Kenntnis vom Tod des Betreuten zu haben, um  offenen Rechnungen zu begleichen (BSG, 14.12.2016, Az. B 13 R 9/16 R).

(30.01.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Selbstbehalt beim Elternunterhalt bleibt unverändert

Der angemessene Selbstbehalt gegenüber Eltern beträgt nach der aktuell veröffentlichten Düsseldorfer Tabelle 2017 weiterhin 1.800,00 € einschließlich 480,00 € Warmmiete zuzüglich der Hälfte des darüber hinausgehenden Einkommens. Der angemessene Unterhalt des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen, beträgt jedoch mindestens 1.440,00 € (einschließlich 380 EUR Warmmiete). Diese Werte stimmen mit den Werten der Düsseldorfer Tabelle 2015 überein, so dass für unterhaltspflichtige Kinder im Bereich des Elternunterhalts leider keine rechnerische Verbesserung eingetreten ist.

(24.01.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Blindengeld für demente Menschen

Nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz erhalten blinde Menschen zum Ausgleich der blindheitsbedingten Mehraufwendungen auf Antrag ein monatliches Blindengeld in Höhe von 579,00 €. Blindengeld kann auch dann gewährt werden, wenn der Betroffene krankheitsbedingt nicht an einer Untersuchung zur Feststellung der Blindheit mitwirken kann. Der Begriff des Sehens umfasst nach der neuen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht nur die optische Reizaufnahme, sondern auch die weitere Verarbeitung der optischen Reize im Bewusstsein des Menschen. Bei der hier Betroffenen war jedenfalls auch diese Verarbeitung massiv gestört. Es kommt gerade nicht auf eine spezifische Sehstörung an. Es ist ausreichend, wenn die mangelnde Sehleistung auf einer allgemeinen Herabsetzung der Aufmerksamkeits- und Gedächtnisfähigkeiten beruht (Bayer. LSG, 19.12.2016, Az. L 15 BL 9/14).

(23.01.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Keine Herabsetzung einer Verletztenrente wegen neuer prothetischer Versorgung

Versicherte in der gesetzlichen Unfallversicherung, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 % gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (Verletztenrente, § 56 SGB VII). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Eine Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung kann nicht allein deshalb herabgesetzt werden, weil der durch den Arbeitsunfall Verletzte eine neue mikroprozessorgesteuerte Beinprothese erhalten hat (Bundessozialgericht, 20.12.2016, Az. B 2 U 11/15 R).

(16.01.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

Sozialrecht - Aussagepsychologie im Sozialgerichtsprozess

Ein aussagepsychologisches Gutachten (“Glaubwürdigkeitsgutachten”) begegnet vor Gericht meistens in Strafprozessen. Insbesondere wenn es um die Prüfung der Glaubwürdigkeit der Angaben von kindlichen oder jugendlichen Zeugen geht, werden oftmals aussagepsychologische Sachverständigengutachten eingeholt. Aussagepsychologische Gutachten begegnen aber immer wieder auch in sozialgerichtlichen Prozessen, etwa in Verfahren über Entschädigungen nach dem OEG.  Ein aussagepsychologisches Gutachten ist im sozialen Entschädigungsrecht zulässig und kann für die Rechtsfindung nach Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) nützlich sein.  Allerdings obliegt die anschließend umfassende rechtliche Würdigung der vom Sachverständigen bereit gestellten Feststellungen, Erkenntnisse und Schlussfolgerungen, also die Beantwortung der Frage, ob jemand glaubwürdig ist, allein dem Gericht (Bundessozialgericht, 15.12.2016, Az. B 9 V 3/15 R).

(12.01.2017 - Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht Mathias Klose)

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