Versorgung mit operativer Brustverkleinerung
Gesetzlich krankenversicherte Personen haben gegen ihre Krankenkasse einen Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (§ 27 Abs. 1 SGB V). Die Krankenbehandlung umfasst u.a. ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie, zahnärztliche Behandlung und Krankenhausbehandlung.
Der gesetzliche Krankenbehandlungsanspruch kann unter bestimmten Voraussetzungen die Durchführung einer operativen Brustverkleinerung (Mammareduktionsplastik - MRP) umfassen.
Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherungen setzt nach § 27 Abs. 1 SGB V eine Krankheit voraus. Damit wird in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand umschrieben, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht. Dies ist dann der Fall, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt.
Ob eine äußerliche Entstellung vorliegt, ist nicht pauschal zu beantworten, sondern unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Die Entstellung muss sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen bemerkbar machen. Das Bundessozialgericht hat eine Entstellung z.B. angenommen bei einer Frau, der das Kopfhaar fehlte. Im Zusammenhang mit der Brustgröße wird von einer äußerlichen Entstellung daher wohl nur höchst selten auszugehen sein, insbesondere wenn man - wie das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 19.10.2004 (Az. B 1 KR 9/04 R) - die “außerordentliche Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust berücksichtigt”. Bedingt die Brustgröße jedoch Funktionseinschränkungen, was deutlich häufiger der Fall sein dürfte als eine äußerliche Entstellung, kann eine Mammareduktionsplastik auf Kosten der Krankenkasse gerechtfertigt sein; allerdings werden in der Regel körperliche Einschränkungen, die über die reine Brustgröße hinausgehen, z.B. im Bereich von Atmung, Haut oder Wirbelsäule, zu fordern sein und psychische Beeinträchtigung nicht ausreichend sein. Denn wird durch eine solche Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert, wie das bei der Verkleinerung der weiblichen Brust geschieht, bedarf die mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung, wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind.
Die Hürden für eine Mammareduktionsplastik auf Kosten der Krankenkasse sind also hoch, aber keinesfalls unüberwindbar. Versicherten Frauen ist daher zu raten, sich von der Ablehnung des Antrags auf Übernahme der Kosten einer Brustverkleinerung durch ihre Krankenkasse nicht abschrecken zu lassen. Vielmehr kann gegen die ablehnende Entscheidung in jedem Falle Widerspruch erhoben werden. Bleibt auch der Widerspruch erfolglos, steht die Möglichkeit offen, Klage zum Sozialgericht zu erheben. Wurde die MRP zwischenzeitlich durchgeführt, kann von der Krankenkasse die Erstattung der angefallenen Kosten gefordert werden.
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