Rechtsanwalt, Fachanwalt für Sozialrecht, Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose, Yorckstr. 22, 93049 Regensburg

Netto-brutto-Hochrechnung in der Betriebsprüfung (§ 28p SGB IV)

 

Die Träger der Rentenversicherung prüfen gem. § 28p SGB IV bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre durch eine Betriebsprüfung.  

Häufig kommt es aufgrund von Betriebsprüfungen nach § 28p SGB IV zu Beitragsnachforderungen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass für einen Mitarbeiter - entgegen der Ansicht des Arbeitgebers - von einem beitragspflichtigen unselbständigen Beschäftigungsverhältnis (§ 7 SGB IV) auszugehen ist und nicht etwa von einer selbständigen Tätigkeit (“Scheinselbständigkeit”). 

Häufig „im Visier” der Betriebsprüfer der Rentenversicherungen stehen z.B. Betriebe aus dem Baugewerbe, Gastronomiebetriebe, Speditionen, aber auch Freiberufler in allen Sparten. Seit längerem treffen GmbHs und UGs erhebliche Nachforderungen für die Tätigkeit ihrer Gesellschafts-Geschäftsführer, da sich insoweit die Rechtsprechung zur Sozialversicherungspflicht in den letzten Jahren geändert hat. Auch Ein-Mann-GmbHs und Ein-Mann-UGs sind seit Kurzem vermehrt Betriebsprüfungen ausgesetzt, bei denen es um die Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers für die Auftraggeber der Gesellschaft geht.

Zu den Beitragsnachforderungen kommen oftmals auch Säumniszuschläge von 1 % pro Monat. Unabhängig von den Säumniszuschlägen besteht bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen ein besonderes, zusätzliches finanzielles Risiko für Arbeitgeber, das Beitragsnachforderungen vervielfachen und auf diese Weise zum existenziellen Risiko werden kann.

Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nämlich nicht gezahlt worden, gilt gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart. Von diesem Nettoarbeitsentgelt ausgehend wird dann das Bruttoarbeitsentgelt errechnet, aus dem sich dann letztlich die vom Arbeitgeber nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge berechnen. Die Beitragsforderung wird durch diese Netto-brutto-Hochrechnung deutlich höher als würde man eine ansonsten bei Löhnen und Gehältern übliche Bruttorechnung durchführen.

Wurde beispielsweise von einem Arbeitgeber an einen (Schein-) Selbständigen netto € 3.000,- im Monat bezahlt, wird der Nachteil der Netto-brutto-Hochrechnung deutlich. Damit der (Schein-) Selbständige in dem Monat € 3.000,- netto verdient, muss der Arbeitgeber tief in die Tasche greifen und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe rund € 1.711,- von nachbezahlen – das entspricht einem rechnerischen Monatsbruttogehalt von € 4.135,-. Bei € 3.000,- brutto als Berechnungsgrundlage wären es lediglich rund € 1.222. Ein beträchtlicher Unterschied.

Schon aufgrund dieses Unterschieds gilt es, die Netto-brutto-Hochrechnung von § 14 Abs. 2 SGB IV dringend zu vermeiden. Das kann dadurch gelingen, da die Netto-brutto-Hochrechnung als Voraussetzung nicht nur ein „illegales Beschäftigungsverhältnis“ hat, sondern zudem auch ein vorsätzliches Handeln des Arbeitgebers. Handelte der Arbeitgeber nicht mindestens bedingt vorsätzlich, ist die Hochrechnung gemäß § 14 Abs. 2 SGB IV nicht zulässig.


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