Rechtsanwalt, Fachanwalt für Sozialrecht, Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose, Yorckstr. 22, 93049 Regensburg

Gefährdung des Straßenverkehrs

 

Die Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) ist ein Verkehrsdelikt von erheblicher praktischer Bedeutung. Die erhebliche Bedeutung resultiert zum einen daraus, dass bereits die fahrlässige Begehung strafbar ist (§ 315c Abs. 3 Nr. 2 StGB) und nicht erst die vorsätzliche Begehung; die vorsätzliche Straßenverkehrsgefährdung wird allerdings strenger bestraft. Zum anderen resultiert die große Bedeutung des § 315c StGB daraus, dass die Strafbarkeit grundsätzlich schon an Fahrfehler anknüpft, welche jedermann leicht unterlaufen können, z.B. das Nichtbeachten der Vorfahrt oder das falsche Überholen.

§ 315c StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs):

“(1) Wer im Straßenverkehr

1. ein Fahrzeug führt, obwohl er

a) infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder

b) infolge geistiger oder körperlicher Mängel

nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder

2. grob verkehrswidrig und rücksichtslos

a) die Vorfahrt nicht beachtet,

b) falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,

c) an Fußgängerüberwegen falsch fährt,

d) an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,

e) an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,

f) auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder

g) haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,

und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1. die Gefahr fahrlässig verursacht oder

2. fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.”

Stark vereinfacht ausgedrückt macht sich gem. § 315c StGB grundsätzlich strafbar, wer eine “Rauschfahrt” unternimmt oder aufgrund sonstiger Mängel nicht in der Lage ist, sein Fahrzeug sicher zu führen, z.B. wegen Müdigkeit, oder eine der “sieben Sünden” des § 315c Abs. 1 Nr. 2 a) - g) StGB begeht und dadurch Leib oder Leben oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.

Unter Straßenverkehr i.S.d. § 315c StGB ist nur der öffentliche Straßenverkehr zu verstehen, also nur ein Bereich, der der Allgemeinheit offensteht. Nicht erfasst sind also z.B. durch Zugangsbegrenzungen gesicherte Privatparkplätze. Das Führen des Fahrzeugs beginnt, sobald  das Fahrzeug in Bewegung gesetzt wird.

Der Fahrzeugführer ist dann nicht mehr in der Lage, sein Fahrzeug sicher zu führen i.S.d. § 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB, wenn seine Gesamtleistungsfähigkeit infolge geistiger und/oder körperlicher Mängel soweit herabgesetzt ist, dass er nicht mehr fähig ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr über eine längere Strecke auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen sicher zu steuern. Im Zusammenhang mit Alkohol ist eine solche Fahrunsicherheit anzunehmen bei relativer Fahruntüchtigkeit, d.h. einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von mindestens 0,3 Promille und alkoholbedingten Ausfallerscheinungen, und bei absoluter Fahruntüchtigkeit, d.h. ab einer BAK von mindestens 1,1 Promille bei Kraftfahrzeugführern. Geistige oder körperliche Mängel i.S.v. § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB sind beispielsweise Übermüdung, nicht kompensierte Fehlsichtigkeit, Entzugserscheinungen oder epileptische Anfälle.

Die Gefährdungshandlungen des § 315c Abs. 1 Nr. 2 a) - g) StGB müssen rücksichtslos und grob verkehrswidrig begangen werden. Grob verkehrswidrig meint einen besonders schwerwiegenden Verkehrsverstoß. Rücksichtslos meint ein überaus eigensinniges oder gleichgültiges Verhalten; der BGH spricht von einem “gesteigerten Grad subjektiver Vorwerfbarkeit”, es kommt also auf die Beweggründe im Einzelfall an.

Durch die Handlungen nach § 315c Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 StGB müssen Leib und Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet worden sein, es muss zumindest zu einem “Beinaheunfall” gekommen sein. Ein bedeutender Wert ist anzunehmen ab einem Wert von ca. 750,00 - 1.300,00 €.

Als Rechtsfolgen sieht § 315c StGB Geldstrafe bis zu 360 Tagessätze oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren Dauer vor. Für die konkrete Strafe kommt es vor allem auf das Maß der Gefährdung oder Schädigung an sowie - bei Alkohol - auf die Höhe der BAK. An eine Verurteilung wegen Gefährdung des Straßenverkehrs - egal ob fahrlässig oder vorsätzlich - schließt sich in der Regel zur Geld- bzw. Freiheitsstrafe auch die Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 69 II Nr. 1 StGB) an. Unterbleibt ausnahmsweise der Führerscheinentzug, ist aber zumindest mit einem Fahrverbot von einem bis zu drei Monaten Dauer (§ 44 StGB) zu rechnen. Kommt es alkoholbedingt nicht bloß zu einer Gefährdung, sondern zu einem Unfall, kann die Versicherung ggf. eigene Versicherungsleistungen kürzen.

Verjährung tritt bei der Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB nach fünf Jahren ein. Die Verjährung beginnt mit Beendigung der Tat, wird aber durch viele Ereignisse unterbrochen, z.B. durch die erste Vernehmung des Beschuldigten, den Strafbefehl, den Erlass eines Haftbefehls oder jede Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder  Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die  Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist.

 

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