Delikte gegen das Leben: Totschlag, Mord
Mord- und Totschlagsverfahren sind nicht besonders häufig. Im Jahr 2016 kam es deutschlandweit zu nur 507 Strafverfahren wegen Mordes oder Totschlags und versuchten Mordes und Totschlags. Im Vergleich etwa zu 138.970 Diebstahls- und Unterschlagungsverfahren oder zu 166.688 Verkehrsstrafverfahren eine verschwindend geringe Anzahl. Dafür ist die mediale Aufmerksamkeit (vgl. etwa hier zum “Mord hinter Gittern” oder zum Tod eines Babys), die Mord- und Totschlagsprozesse erfahren, umso größer. Auch die dem Beschuldigte drohende Strafe im Falle einer Verurteilung wegen eines Kapitaldelikts könnte größer nicht sein: Einzig bei Straftaten gegen das Leben droht lebenslange Freiheitsstrafe.
Das Strafgesetzbuch (StGB) regelt die Straftaten gegen das Leben, die sog. Kapitalstraftaten, in §§ 211 ff.
§ 212 StGB - Totschlag
(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.
Totschlag ist die vorsätzliche Tötung eines Menschen ohne dass die in § 211 StGB geregelten Mordmerkmale gegeben sind.
Mensch meint jedes andere menschliche Wesen nach der Geburt; die Selbsttötung ist straflos. Tod meint das endgültige Erlöschen der gesamten Hirntätigkeit. Die Tötung erfolgt in der Regel durch Verletzungshandlungen, z.B. Stiche, Schüsse, Schläge, Würgen, Strangulieren, Vergiften, Verbrennen oder Ertränken.
Totschlag ist jedoch dann nicht rechtswidrig, wenn er durch Notwehr oder Nothilfe (§ 32 StGB) gerechtfertigt ist, etwa weil der Getötete seinerseits den Täter angegriffen hatte.
§ 212 Abs. 1 StGB stellt den “Normalfall” dar, § 212 Abs. 2 StGB den mit erhöhter Strafe bedrohten “besonders schweren Fall”.
Den “minder schweren Fall” des Totschlags mit einer Strafandrohung von einem bis zu zehn Jahren regelt § 213 StGB. Er ist anzunehmen, wenn der Täter ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden ist oder ein sonstiger minder schwerer Fall vorliegt, also ein Totschlag, der in seinem Unrechts- und Schuldgehalt unter dem typischen Unrechts- und Schuldgehalt eines Totschlags liegt.
§ 211 StGB - Mord
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
Wie der Totschlag setzt der Mord die vorsätzliche Tötung eines anderen Menschen voraus. Anders als der Totschlag müssen zu der Tötung aber die in § 211 Abs. 2 StGB genannten zusätzlichen Mordmerkmale hinzutreten.
Mordlust meint, dass der Täter aus Freude an der Vernichtung von Menschenleben handelt. Habgier bedeutet, dass der Täter handelt, um aus der Tat mittelbar oder unmittelbar wirtschaftliche Vorteile zu ziehen, beispielsweise Raubmord. Niedrige Beweggründe sind solche, die nach allgemeinem Verständnis sittlich auf niedrigster Stufe stehen, etwa besonders egoistische Motive. Heimtückisch handelt der Täter, wenn er die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers ausnützt, das Opfer also keine Möglichkeit hat, sich zu verteidigen oder zu fliehen, beispielsweise wenn der Täter einen Schlafenden tötet. Eine grausame Tötung ist eine besonders gefühllose, unbarmherzige oder mit starken Schmerzen oder Qualen verbundene Tötung. Gemeingefährliche Mittel sind solche Mittel, die eine Mehrzahl von Menschen töten können und der Täter nicht genau kontrollieren kann, z.B. der Einsatz von Sprengstoff an einem von mehreren Personen besuchten Ort.
Die Strafe für Mord ist lebenslange Freiheitsstrafe. Beim Versuch des Mordes kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB auf Freiheitsstrafe von drei Jahren bis zu 15 Jahren Dauer gemildert werden. Sofern das Gericht nicht die besondere Schwere der Schuld feststellt, besteht bei lebenslanger Freiheitsstrafe nach Vollstreckung von 15 Jahren Freiheitsstrafe die Möglichkeit der Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung. Neben der Strafe kommt im Falle der Verurteilung wegen eines Kapitaldelikts bei Mehrfachtätern regelmäßig auch die unbefristete Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (§ 66 StGB), bei Ersttätern der Vorbehalt der Sicherungsverwahrung (§ 66a StGB) in Betracht.
Zuständig für Kapitalstrafverfahren sind die Strafkammern des örtlich zuständigen Landgerichts als Schwurgericht.
Als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht stehe ich Ihnen für Ihre Fragen gerne zur Verfügung.