Strafprozessuale Zwangsmaßnahmen
Im Rahmen eines Strafverfahrens, insbesondere im Ermittlungsverfahren, sehen sich Beschuldigte vielfältigen Zwangsmaßnahmen ausgesetzt, die mit ganz erheblichen Eingriffe in die (Grund-) Rechte des Betroffenen verbunden sind. Einen kurzen Überblick über die wichtigsten staatlichen Zwangsmaßnahmen finden Sie im Folgenden:
Akustische Wohnraumüberwachung:
Ziel: Beweisgewinnung und Beweissicherung.
Voraussetzungen: Verdacht, dass jemand eine schwere Straftat begangen hat, versucht oder vorbereitet hat und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten anders wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre; Antrag der Staatsanwaltschaft und Anordnung des Landgerichts, bei Gefahr im Verzug auch Anordnung vorsitzenden Richters alleine möglich.
Ärztlicher Eingriff:
Ziel: Feststellung von Tatsachen, die für das Strafverfahren von Bedeutung sind.
Voraussetzungen: Einwilligung oder richterliche Anordnung oder bei Gefahr im Verzug Anordnung der Staatsanwaltschaft oder von Ermittlungspositionen.
Beschlagnahme:
Ziel: Beweissicherung.
Voraussetzungen: Ein Gegenstand kann als Beweismittel für die Untersuchung bedeutsam sein und wird nicht freiwillig herausgegeben; wird der Gegenstand freiwillig herausgegeben, wird er sichergestellt.
Beschlagnahme der Post:
Ziel: Beweissicherung von Poststücken und Telegrammen, die an den Beschuldigten gerichtet sind oder von diesem stammen.
Voraussetzungen: Richterliche Anordnung, bei Gefahr im Verzug staatsanwaltliche Anordnung.
Blutprobe:
Ziel: Feststellung von Tatsachen, die für das Strafverfahren von Bedeutung sind, z.B. Feststellung der Blutalkoholkonzentration.
Voraussetzungen: Einwilligung oder richterliche Anordnung oder bei Gefahr im Verzug Anordnung der Staatsanwaltschaft oder von Ermittlungspositionen.
Durchsuchung:
Ausführliche Informationen finden Sie hier.
Entnahme von Körperzellen:
Ziel: Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters, Feststellung der Identität in künftigen Strafverfahren, Geschlechtsbestimmung.
Voraussetzungen: Straftat von erheblicher Bedeutung oder Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, Annahme, dass künftig gegen den Betroffenen Strafverfahren wegen Straftaten von erheblicher Bedeutung zu führen sind; Einwilligung oder richterliche Anordnung oder bei Gefahr im Verzug Anordnung der Staatsanwaltschaft oder von Ermittlungspositionen; molekulargenetische Untersuchung nur bei gerichtlicher Anordnung.
Erhebung der Telekommunikations-Verkehrsdaten (TKÜ)
Verkehrsdaten: Nummer bzw. Kennung der beteiligten Anschlüsse bzw. Endeinrichtungen, personenbezogene Berechtigungskennungen, ggfs. auch Kartennummer und Standortdaten bei mobilen Anschlüssen, Beginn und Ende einer Verbindung (Datum und Uhrzeit), übermittelte Datenmengen, beanspruchter Telekommunikationsdienst, Endpunkte festgestellter Verbindungen, die zum Aufbau und Aufrechterhalten der Verbindung erforderlichen Daten.
Ziel: Erforschung des Sachverhalts (Beweisgewinnung und Beweissicherung) oder Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten.
Voraussetzungen: Straftat von erheblicher Bedeutung oder eine Straftat mittels Telekommunikation (v.a. Handy, sms, Internet, Email, Chat, Online-Forum oder Telefon) begangene Straftat.
Erkennungsdienstliche Maßnahmen (ED):
Art: Lichtbilder, Fingerabdrücke, Messungen und ähnliche Maßnahmen.
Voraussetzungen: Einwilligung oder Notwendigkeit für das Strafverfahren oder den Erkennungsdienst.
Massengentest:
Ziel: Feststellung, ob Spurenmaterial von den betroffenen Personen stammt.
Voraussetzungen: Liegen Tatsachen vor, die den Verdacht begründen, dass ein Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung begangen wurde, können Personen, die bestimmte, vermutlich auf den Täter zutreffende, Merkmale erfüllen, mit ihrer schriftlichen Einwilligung Körperzellen entnommen und molekulargenetisch zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters und des Geschlechts und des automatisierten Spurenabgleichs entnommen werden; schriftliche richterliche Anordnung.
Molekulargenetische Untersuchung:
Ziel: Feststellung der Abstammung, Feststellung ob genetisches Material von dem Beschuldigten oder dem Verletzten stammt, Geschlechtsbestimmung.
Voraussetzungen: Erforderlichkeit und schriftliche Einwilligung oder richterliche Anordnung oder bei Gefahr im Verzug staatsanwaltschaftliche Anordnung oder Anordnung der Ermittlungspersonen, Belehrung des Betroffenen.
Sicherstellung:
Ziel: Beweissicherung.
Voraussetzungen: Ein Gegenstand kann als Beweismittel für die Untersuchung bedeutsam sein und wird freiwillig herausgegeben; wird der Gegenstand nicht freiwillig herausgegeben, wird er beschlagnahmt.
Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation (TKÜ):
Ziel: Beweisgewinnung und -sicherung.
Voraussetzungen: Verdacht, dass jemand eine schwere Straftat begangen hat, versucht oder vorbereitet hat und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten anders wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre; gerichtliche Anordnung auf Antrag der Staatsanwaltschaft, bei Gefahr im Verzug auch auf Anordnung der Staatsanwaltschaft.
Untersuchungshaft:
Ausführliche Informationen zu Festnahme, Haft und Verhaftung finden Sie hier.
Verdeckte Ermittler (VE):
Ziel: Aufklärung von Straftaten auf dem Gebiet des Betäubungsmittelstrafrechts, des Waffenrechts, der Wertzeichen- und Geldfälschung, des Staatsschutzes, der organisierten Kriminalität oder Verbrechen.
Voraussetzungen: Aufklärung ist auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert; Zustimmung der Staatsanwaltschaft.
Unterscheidung: Vom verdeckten Ermittler ist der V-Mann (V-Person) zu unterscheiden. V-Mann meint eine Vertrauensperson, die als ständiger Informant der Strafverfolgungsbehörden tätig ist, jedoch nicht der Strafverfolgungsbehörde angehört. Es handelt sich vielmehr um eine Privatperson. Dementsprechend existieren auch keine gesetzlichen Regelungen über den Einsatz von V-Leuten. Strafprozessuale Berücksichtigung findet der V-Mann-Einsatz im Grundsatz des fairen Verfahrens (fair-trial-Grundsatz), Art. 6 EMRK. Der BGH berücksichtigt den übermäßigen Einsatz von V-Leuten (etwa die Provokation der Tat durch den V-Mann) bei der Strafzumessung unter den Gesichtspunkten “Lockspitzeleinsatz” oder “agent provocateur”.
Für Ihre Fragen zu strafverfahrensrechtlichen Zwangsmaßnahmen und zum Rechtsschutz stehe ich Ihnen als Fachanwalt für Strafrecht gerne zur Verfügung.