Zulassung einer Begleitperson bei Untersuchungen durch Sachverständige
In sozialgerichtlichen Streitigkeiten sind häufig Untersuchungen durch medizinische Sachverständige erforderliche, z.B. in Rentenverfahren oder GdB-Prozessen. Die Untersuchungssituation ist für die Mandanten oft schwierig, gerade wenn es beispielsweise um eine psychiatrische Begutachtungen geht. Viele Mandanten wünschen daher, zu den Untersuchungen eine Begleitperson mitzunehmen.
Diese Vertrauensperson soll häufig einfach "moralisch" unterstützen, manchmal auch als Zeuge fungieren, wenn es um ganz bestimmte Aussagen oder Handlungen in der Begutachtung durch den Sachverständigen geht.
Ob die Begleitung durch eine Vertrauensperson zulässig ist, war bislang unter der Gerichten umstritten. Das Bayerische Landessozialgericht etwa hatte in einem von uns geführten Prozess (Az. L 7 U 396/16 - Beschluss vom 04.04.2019) die Anwesenheit des Ehemanns unserer Mandantin bei einer psychiatrischen Begutachtung nicht gestattet.
Nunmehr hat sich auch das Bundessozialgericht mit dieser Problematik befasst. Die Entscheidung betrifft zwar kein Verfahren aus unserer Kanzlei. Aufgrund der enormen praktischen Bedeutung der Entscheidung (auch für unsere Mandanten), möchten wir an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen. Aus Sicht des BSG bestehen gegen die Anwesenheit einer Begelitperson bei einer medizinischen Begutachtung durch einen Sachverständigen grundsätzlich keine Bedenken:
"Grundsätzlich steht es dem zu Begutachtenden frei, zu einer Untersuchung durch einen medizinischen Sachverständigen eine Vertrauensperson mitzunehmen. Der Ausschluss der Vertrauensperson ist aber möglich, wenn er im Einzelfall zur Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen, wirksamen Rechtspflege – insbesondere mit Blick auf eine unverfälschte Beweiserhebung – erforderlich ist" (BSG 27.10.2022, Az. B 9 SB 1/20 R; bislang lediglich als Pressemitteilung 37/22 verfügbar).
Eine sehr erfreuliche Entscheidung, die großen Einfluss auf künftige Begutachtungssituationen haben wird.