Baden-Württemberg trägt die Kosten der Untätigkeit des Regierungspräsidiums Stuttgart
Unsere Mandantin beantragte Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG). Zuständiger Versorgungsträger ist das Land Baden-Württemberg konkret das Regierungspräsidium Stuttgart - Abteilung 9 - Landesversorgungsamt und Gesundheit. Über den Antrag entschied das Regierungspräsidium Stuttgart lange Zeit nicht. Zum Sozialgericht Karlsruhe wurde daher Untätigkeitsklage erhoben, um das Regierungspräsidium zu Entscheidung über den Antrag zu zwingen. Im laufenden Untätigkeitsklageverfahren wurde dann der entsprechende Bescheid erlassen. Das Ziel der Klage war erreicht. Das Verfahren wurde für erledigt erklärt. Das Land Baden-Württemberg trägt nun die Kosten des Untätigkeitsklageverfahrens vor dem Sozialgericht Karlsruhe (Az. S 14 VE 2724/21 - Beschluss vom 25.11.2022).
Sehr anschaulich stellt das Gericht in der Begründung auch die Untätigkeit der Versorgungsbehörde dar:
Die Klägerseite wendet hierbei zu Recht ein, wieso denn in den folgenden 7 Monaten nach Eingang der Einwilligungserklärung die Sache nicht ans LRA zur Begutachtung abgegeben worden ist. Also selbst wenn dem Beklagten zugegeben werden muss, dass erst am 13.09.2021 die Einwilligungserklärung bei ihm eingegangen ist, hätte er doch 7 Monate – in denen auch die Verwaltungsakten bei dem Beklagten waren, eine versorgungsärztliche Stellungnahme einholen können. Für das Zuwarten gibt es nach Ansicht des Gerichts bisher keinen zureichenden Grund bzw. einen solchen hat der Beklagte nicht dargelegt. Auch ist kein zureichender Grund für eine Nichtbescheidung, dass ein nächst möglicher Begutachtungstermin beim LRA erst der 12.10.2022 ist, denn das LRA hat jederzeit die Möglichkeit auch externe Gutachter zu beauftragen, die möglicherweise schneller eine Begutachtung durchführen können. Selbst bei Berücksichtigung des Einwands des Beklagten im Schreiben vom 12.08.2022, dass dieser von dem Gericht erst die Akten am 02.05.2022 erhalten hat, wären ab dem Mai 2022 auch inzwischen die 6 Monate zur Antragsverbescheidung abgelaufen. Dabei verkennt der Beklagte, dass es für die Begründetheit der Untätigkeitsklage nicht darauf ankommt, zu wie vielen Begutachtungsterminen er die Klägerin ohne Erfolg geladen hat, sondern, wann der Bescheid ergangen ist. Der Bescheid ist erst am 15.11.2022 ergangen. Die Klägerin wurde am 12.01.2022 zum Termin einbestellt. Dabei fiel dem Beklagten auf, dass sich die Akten bei Gericht befinden, forderte diese aber erst am 14.03.2022 vom Gericht ab für eine Begutachtung. Im Zeitraum 12.01.2022 bis zum 14.03.2022 (2 Monate) war der Beklagte somit untätig. Selbst wenn er ab dem 02.05.2022 erst die Akten des Sozialgerichts erhalten hat, hat er sie erst zum 12.10.2022 zur Begutachtung einbestellt - nur mit dem Argument – ein früherer Termin bei einem „hausinternen“ Gutachter sei nicht möglich – ohne zu prüfen, ob auch externe Gutachter früher in Betracht kämen, so dass das Gericht diese Zeitspanne ebenfalls mit in die Untätigkeitskalkulation einstellt, bis zum 12.10.2022 und dann wiederum erst am 15.11.2022 entschieden und somit insgesamt auch 6 Monate später."
Ein schönes Beispiel für die immer wiederkehrende behördliche Untätigkeit, auf die aber stets effektiv mit einer Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) reahiert werden kann.