Amtsgericht Schwandorf stempelt Arbeitslose als potenzielle Betrüger ab
Rechtsanwalt Mathias Klose verteidigt als Fachanwalt für Strafrecht und Fachanwalt für Sozialrecht seit vielen Jahren regelmäßig in Strafverfahren wegen Sozialleistungsbetrugs (§ 263 StGB) und hat zu diesem Thema Sozialleistungsbetrug auch in juristischen Fachzeitschriften publiziert. In diesem Zusammenhang hat er schon viele Urteile gesehen. Ein Urteil wie das des Amtsgerichts Schwandorf vom 3. April 2023 jedoch noch nicht.
Das Urteil des Amtsgerichts Schwandorf vom 3. April 2023 übergab ihm ein Mandant, der sich an uns wendete, nachdem er als Ersttäter durch dieses Urteil wegen Sozialleistungsbetrugs bei einem Betrugsschaden von rund 7.200 Euro zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und Monaten Dauer ohne (!) Bewährung verurteilt worden war. Den Tatvorwurf bestritt unser Mandant im Übrigen vehement.
Noch unglaublicher als dieser Urteilsspruch an sich ist allerdings die Begründung des Urteils:
"Für den Angeklagten kann schon keine positive Sozialprognose gestellt werden ... Angeklagte geht keiner festen Beschäftigung nach und lebt aktuell ohne jegliches Einkommen in finanziell sehr beengten Umständen. Es steht daher zu erwarten, dass er durch das Begehen weiterer Straftaten diese finanzielle Notlage zu überwinden sucht."
Sollten Sie in finanziell beengten Verhältnissen leben, hoffen Sie, niemals vor dem Amtsgericht Schwandorf als Beschuldigter in einem Strafprozess zu landen. Denn dann müssten Sie sich im Fall einer Verurteilung schon mal auf einen längeren JVA-Aufenthalt einstellen...
Nichts anderes gilt für den Fall, as man Ihnen am Strafgericht Schwandorf einmal zum Vorwurf machen sollte, (irgend-) eine Sozialbehörde, etwa Arbeitsagentur, Sozialamt, Krankenkasse oder Rentenversicherung, betrogen zu haben. Die Verhängung einer Bewährungsstrafe erscheint dann ausgeschlossen:
"Auch gebietet die Verteidigung der Rechtsordnung die verhängte Strafe zu vollstrecken, der der Angeklagte bis zuletzt keinerlei Fehlereinsicht zeigte [was nur logisch ist bei einem bestreitenden Beschuldigten; Anm. v. RA Klose] und durch sein Verhalten die Sozialgemeinschaft als solche geschädigt wurde. Den Angeklagten auf freiem Fuß zu belassen, könnte das Vertrauen der Bevölkerung in die Rechtspflege erschüttern."
Urteil des AG Schwandorf, 03.04.2023, Aktenzeichen 5 Cs 178 Js 6409/21 (2)