Schwierig aber keinesfalls unmöglich - Merkzeichen "aG" vor dem Sozialgericht erreicht
Das Merkzeichen "aG" (außergewöhnlich gehbehindert) ist eines der am häufigsten begehrten Nachteilsausgleichsmerkzeichen im Behindertenrecht, nicht zuletzt aufgrund der damit verbundenen Berechtigung, Behindertenparkplätze zu benutzen. Das Merkzeichen "aG" gilt im Allgemeinen jedoch als sehr schwierig zu erlangen. Angesichts der hohen rechtlichen Voraussetzungen des § 229 Abs. 3 SGB IX verwundert dies aber nicht:
Schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sind Personen mit einer erheblichen mobilitätsbezogenen Teilhabebeeinträchtigung, die einem Grad der Behinderung von mindestens 80 entspricht. Eine erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung liegt vor, wenn sich die schwerbehinderten Menschen wegen der Schwere ihrer Beeinträchtigung dauernd nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen insbesondere schwerbehinderte Menschen, die auf Grund der Beeinträchtigung der Gehfähigkeit und Fortbewegung – dauerhaft auch für sehr kurze Entfernungen – aus medizinischer Notwendigkeit auf die Verwendung eines Rollstuhls angewiesen sind. Verschiedenste Gesundheitsstörungen (insbesondere Störungen bewegungsbezogener, neuromuskulärer oder mentaler Funktionen, Störungen des kardiovaskulären oder Atmungssystems) können die Gehfähigkeit erheblich beeinträchtigen. Diese sind als außergewöhnliche Gehbehinderung anzusehen, wenn nach versorgungsärztlicher Feststellung die Auswirkung der Gesundheitsstörungen sowie deren Kombination auf die Gehfähigkeit dauerhaft so schwer ist, dass sie der unter Satz 1 genannten Beeinträchtigung gleich kommt.
Diese hohen rechtlichen Hürden sollten Betroffene aber keineswegs davon abhalten, das Merkzeichen "aG" zu beantragen und gegebenenfalls im Widerspruchs- und Klageverfahren zu erstreiten. Dies zeigt auch ein aktuelles Fallbeispiel aus unserer Kanzlei.
Unsere Mandantin, bei der das ZBFS (Zentrum Bayern Familie und Soziales - Versorgungsamt) unter anderem bereits einen GdB von 100 sowie das Merkzeichen "G" festgestellt hatte, begehrte zusätzlich das Merkzeichen "aG" als Ausgleich für ihre außergewöhnliche Gehbehinderung. Diesem Antrag kam das Versorgungsamt jedoch nicht nach. Ebenso brachte das anschließende Widerspruchsverfahren keinen Erfolg. Der gewünschte Erfolgt stellte sich dann aber vor dem Sozialgericht Regensburg (Az. S 13 SB 736/22) ein. Nach zwei medizinischen Sachverständigengutachten lenkte das ZBFS ein und machte unserer Mandantin ein mehr als akzeptables Vergleichsangebot: "Der Beklagte erklärt sich bereit, ab 23.05.2024 Merkzeichen aG zusätzlich zu den bereits festgestellten Merkzeichen G und B und GdB 100 zuzuerkennen.".