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Erfolg vor Gericht: Sozialgericht stoppt 88.000-Euro-Nachforderung der DRV

Ein Thema, das vielen Betriebsinhabern nicht bewusst ist, ihnen aber schmerzhaft bewusst werden kann, wenn der Bescheid der Deutschen Rentenversicherung (DRV) ins Haus flattert: Widerspruch und Klage gegen Betriebsprüfungsbescheide nach § 28p SGB IV haben keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass der Bescheid der DRV grundsätzlich sofort vollzogen werden kann — die Nachforderungen sind also direkt zu bezahlen, auch wenn der Bescheid noch gar nicht bestandskräftig ist. Viele Betriebsinhaber wiegen sich in falscher Sicherheit. "Wir legen doch Widerspruch ein, das reicht doch", hört man oft. Nein, reicht eben nicht. Der Widerspruch allein ändert gar nichts an der Durchsetzbarkeit des Bescheides. Die Nachforderung steht weiter im Raum, als hätte man gar nichts unternommen. Das gilt genauso für eine Klage.

Was ist zu tun?

Was viele nicht wissen: Es gibt einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Dieser Antrag muss bei der DRV gestellt werden. Das Problem: Die DRV lehnt solche Anträge häufig ab. Aber auch dann ist noch nicht alles verloren. Betriebsinhaber können beim Sozialgericht einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung stellen. Das Sozialgericht prüft dann, ob der Bescheid der DRV so belastend oder fraglich ist, dass es gerechtfertigt ist, die aufschiebende Wirkung anzuordnen.

Dass das funktionieren kann, zeigt ein aktueller Fall aus unserer Kanzlei:

Eine Mandantin, eine Pflegeunternehmerin, wurde von der DRV nach einer Betriebsprüfung mit einer Nachforderung von rund 88.000 Euro konfrontiert. Die DRV hatte eine Nettolohnhochrechnung gemäß § 14 Abs. 2 SGB IV vorgenommen und auch Säumniszuschläge berechnet. Ein satter Batzen Geld, der für kleine und mittlere Unternehmen existenzbedrohend sein kann.

Der erste Schritt war der Widerspruch gegen den Bescheid. Doch wie wir wissen, hat der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung. Also wurde bei der DRV die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Die Antwort der DRV? Ablehnung. Die DRV zeigte sich unbeeindruckt.

Doch das ließen wir nicht auf uns sitzen. Wir stellten einen Eilantrag beim Sozialgericht Regensburg. Ziel: Das Sozialgericht sollte die aufschiebende Wirkung der zwischenzeitlich erhobenen Klage anordnen, damit die Mandantin die Beitragsforderung vorerst nicht zahlen muss.

Und das Sozialgericht gab uns Recht! Am 13. Dezember 2024 entschied das Gericht mit Beschluss (Aktenzeichen S 10 BA 39/24 ER):

"Die aufschiebende Wirkung der am 08.10.2024 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23.04.2024 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.2024 wird bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheides angeordnet, soweit in dem Bescheid betreffend der Intensivpflegekraft P.P. eine Nettolohnhochrechnung gemäß § 14 Abs. 2 SGB IV vorgenommen wurde und soweit bezüglich der Verbeitragung Säumniszuschläge erhoben wurden."

Warum ist das so wichtig?

Die Entscheidung zeigt, dass es sich lohnt, den Rechtsweg zu beschreiten. Hätte die Mandantin sich mit der Ablehnung der DRV abgefunden, wären 88.000 Euro direkt fällig gewesen. Aber durch den erfolgreichen Eilantrag beim Sozialgericht muss die Nachforderung grßenteils vorerst nicht gezahlt werden. Das verschafft der Mandantin die nötige Luft zum Atmen und Zeit, den Bescheid im Hauptsacheverfahren zu überprüfen.

Fazit

Widerspruch allein reicht nicht. Es muss zusätzlich ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der DRV gestellt werden. Wird dieser abgelehnt, muss das Sozialgericht angerufen werden. Nur so können sich Betriebsinhaber vor existenzbedrohenden Nachforderungen schützen. Das Verfahren mag mühsam sein, aber es lohnt sich. Denn wie dieser Fall zeigt: Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung kann erstritten werden.

 

28p ER SG Regensburg

SG Regensburg, Beschluss vom 13.12.2024 (Aktenzeichen S 10 BA 39/24 ER)

 

Rechtsgrundlagen:

 

§ 86a SGG (Aufschiebende Wirkung)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt
1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des Sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des Sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.
(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

 

§ 86b SGG (Eilrechtsschutz)

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag
1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.
(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

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