Formulierungsbeispiel: Antrag gemäß § 44 SGB X
Formulierungsbeispiel von Rechtsanwalt Mathias Klose für einen Antrag auf nachträgliche Überprüfung, hier im Rentenrecht.
Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem folgenden Schriftsatz um ein Muster handelt, das auf einen Einzelfall bezogen war und nicht unbesehen auf weitere Fälle übertragbar und anwendbar ist.
An die
Deutsch Rentenversicherung
Ruhrstr. 2
10709 Berlin
Versicherungsnummer ......
... ./. DRV wegen Erwerbsminderungsrente
Hier: Antrag gemäß § 44 SGB X
Sehr geehrte Damen und Herren,
in vorbezeichneter Angelegenheit zeige ich an, dass mich Herr ..., 93049 Regensburg, mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen beauftragt hat. Die weitergehende Korrespondenz bitte ich daher, ausschließlich über mich führen zu wollen. Die ordnungsgemäße Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert.
Im Namen und im Auftrag meines Mandanten beantrage ich die
nachträgliche Überprüfung gemäß § 44 SGB X
Ihres
Bescheids vom 10.11.2020
und beantrage, diesen aufzuheben und meinem Mandanten eine Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 SGB VI) zu gewähren.
Begründung:
Mit Bescheid vom 10.11.2020 haben Sie den Antrag meines Mandanten auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (§ 43 SGB VI) abgelehnt. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass nicht bewiesen sei, dass mein Mandant die medizinischen Rentenvoraussetzung erfülle; die angeforderten fachärztlichen Befundunterlagen seien nicht übersendet worden.
Der Bescheid wurde bestandskräftig. An sich ist er damit für die Beteiligten in der Sache bindend, jedoch nur soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist (§ 77 SGG). Die Bindungswirkung kann hier allerdings auf gesetzlicher Grundlage zugunsten meiner Mandantschaft durchbrochen werden. Denn soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar nach § 77 SGG geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 S. 1 SGB X). Aufgrund des unten erfolgenden substantiierten Sachvortrags, der die Rechtswidrigkeit des zur Überprüfung gestellten Bescheids darstellt, kann dahinstehen, ob und welcher Rechtsprechung zum Ausschluss der Überprüfungspflicht im Einzelfall man folgen wollte, denn selbst die strengsten Anforderungen an die nachträgliche Überprüfung eines bestandskräftigen Bescheids (vgl. KassKomm/Steinwedel, 106. EL September 2019, SGB X § 44 Rn. 43) werden damit ohne Weiteres erfüllt. Nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X liegt ein „rechtswidriger“ Verwaltungsakt dann vor, wenn bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Die Rechtsverletzung kann sich auf die Verletzung materiellen Rechts, selbst auf die Verletzung von Richterrecht, auch lediglich auf die Verletzung von Verfahrensvorschriften oder sogar der Verwaltungspraxis stützen (v. Wulffen/Schütze/Schütze, 8. Aufl. 2014, SGB X § 44 Rn. 7). Maßgebend ist die Rechtswidrigkeit aus heutiger Sicht (KassKomm/Steinwedel, 106. EL September 2019, SGB X § 44 Rn. 33).
Nach diesen rechtlichen Maßgaben erweist sich der zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 10.11.2020 als im Zeitpunkt seines Erlasses aus heutiger Sicht als belastend und rechtswidrig für meine Mandantschaft, so dass wie oben beantragt zu entscheiden ist.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind erfüllt. Zur näheren Darlegung verweise ich auf die beigefügten Befundberichte des Facharztes für innere Medizin Dr. med. ..., der Fachärztin für Orthopädie Dr. med. .. sowie des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med ....
Einer Verbescheidung des Überprüfungsantrags wird binnen Sechsmonatsfrist des § 88 Abs. 1 SGG entgegen gesehen.
Mit freundlichen Grüßen
Mathias Klose
(Rechtsanwalt, Fachanwalt für Sozialrecht und Fachanwalt für Strafrecht)