Volle Erwerbsminderungsrente bei PTBS
Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entsteht "als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, z.B. zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären.
Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Alpträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten.
Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung über" (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme - ICD 10 F 43.1).
Unsere Mandantin kann nahezu als Regelbeispiel für sämtliche Symptome einer PTBS gesehen werden einschließlich eines chronischen und über viele Jahre hinweg dauernden Verlaufs. An die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist logischerweise aus Sicht unserer Mandantin nicht im Ansatz zudenken. Der Lebensunterhalt musste also anderweitig sichergestellt werden. Die Rente wegen Erwerbsminderung sollte helfen. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hatte unsere Mandantin in der Vergangenheit erfüllt.
Wie besonders bei psychischen Erkrankungen häufig, sah der zuständige Rentenversicherungsträger, die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bayern Süd in Landshut, die medizinischen Voraussetzungen - die Erwerbsfähigkeit - völlig anders, ja gegensätzlich. Aus Sicht der DRV war an eine Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht im Ansatz zu denken. Der Rentenantrag wurde daher von der Rentenversicherung abgelehnt. Ebenso der anschließende Widerspruch.
Die unterschiedlichen Denkansätze der DRV Bayern Süd und unserer Mandantin mussten daher gerichtlich geklärt werden.
Diese gerichtliche Klärung erfolgte durch das Sozialgericht Regensburg (Aktenzeichen S 3 R 536/20) zugunsten unserer Mandantin. Nachdem das Gericht bei der Münchener Fachärztin für Nerurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. med F. eingeholt hatte, das die volle Erwerbsminderung aus medizinischer Sicht bestätigt hatte, drängte der Vorsitzende im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 28.01.2022 die Sitzungsvertreterin der Rentenversicherung sanft aber durchaus bestimmt zur Rentengewährung. Die Vertreterin der DRV Bayern Süd hatte Einsehen und erklärte sich zur Rentengewährung bereit. Die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Dauer von drei Jahren ab Februar 2022 konnte dann im Wege eines Vergleichs einvernehmlich festgehalten werden.
Mehr zur Erwerbsminderungsrente erfahren Sie auch in unseren FAQ.