Rechtsanwalt, Fachanwalt für Sozialrecht, Fachanwalt für Strafrecht Mathias Klose, Yorckstr. 22, 93049 Regensburg

Keine Unterhaltsvermutung in's Blaue hinein

Unser Mandant lebte vorübergehend mit seinen beiden erwachsen und vollzeitig berufstätigen Kindern zusammen in einer Wohnung. Lediglich die Miete wurde nach Köpfen geteilt. Ansonsten wirtschaftete jeder für sich alleine. Auch Schenkungen oder Unterhaltszahlungen der Kinder an unseren Mandanten erfolgten nicht. Nach Ende des Bezugszeitraums von Arbeitslosengeld musste unser Mandant, da über die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung noch nicht abschließend entschieden war, kurzzeitig Leistungen nach dem SGB II in Anspruch nehmen. Er stellte daher beim Jobcenter Landkreis Kelheim in Abensberg den entsprechenden Antrag. Das Jobcenter lehnte den Antrag jedoch ab. Da unser Mandant mit seinen Kindern zusammenwohne, sei davon auszugehen, dass diese ihm Unterhalt leisteten und er daher nicht hilfebedürftig i.S.d. SGB II sei. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb noch ohne Erfolg. Anders die anschließend zum Sozialgericht Landshut erhobene Klage.

 

Die hiesige Fallkonstellation tritt in der Praxis immer wieder auf. Die Jobcenter neigen nämlich dazu, fast immer, wenn Antragsteller bzw. Leistungsbezieher mit erwachsenen, einkommenerzielenenden Kindern zusammen wohnen, zu vermuten, dass Unterhaltsleistungen erfolgen, die die Hilfebedürftigkeit ausschließen. Häufig aber völlig zu Unrecht.

Die Jobcenter stützen sich - im Ausgangspunkt richtig - auf § 9 Abs. 5 SGB II: "Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann." Die Jobcenter übersehen dabei aber gerne, und darin liegt üblicherweise der zur Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Jobcenter führende Fehler, dass die Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II nicht schon dann greift, wenn Hilfebedürftige mit Verwandten oder Verschwägerten zusammen wohnen. Vielmehr ist erforderlich, dass diese in Haushaltsgemeinschaft zusammen wohnen. Dafür haben die Grundsicherungsträger oftmals aber keine Indizien oder gar Beweise. Die Beweislast obliegt ihnen aber insoweit. Ohne das nachgewiesene Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft, sondern insbesondere bloß einer reinen Wohngemeinschaft, wie im hiesigen Fall, ist die Unterhaltsvermutung nach § 9 Abs. 5 SGB II nicht möglich.

So war es auch hier. Alleine aufgrund des Zusammenlebens unseres Mandanten mit seinen berufstätigen Töchtern nahm das Jobcenter Kelheim an, es würde bedarfsdeckender Unterhalt bezahlt. Völlig zu Unrecht, worauf auch die 5. Kammer des Sozialgerichts Landshut (Aktenzeichen S 5 AS 143/21) in der mündlichen Verhandlung vom 15. September 2022 unmissverständlich hinwies: 

"Die Vorsitzende erklärt, dass es für die Unterhaltsvermutung der positiven Feststellung einer Haushaltsgemeinschaft bedürfe. Ein gemeinsames Wirtschaften aus einem Topf ließe sich den
Unterlagen nicht entnehmen. Die beiden Töchter beteiligten sich nachvollziehbar allein an den Kosten der Unterkunft, wie in einer Wohngemeinschaft üblich."

Der Vertreter des Jobcenters Kelheim erklärte sich darauf hin dann auch ohne weiteres bereit, unserem Mandanten die Grundsicherungsleistungen (Hartz IV) ohne vermuteten Unterhalt seiner Kidner zu gewähren.

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